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der Magisterarbeit

 

Übersicht

DISKUSSION DER DIMENSION VERMITTLUNG

4.4.1

Definition und Diskussion der Dimension Vermittlung
unter besonderer Berücksichtigung der Visualität  

4.4.2 

Verständlichkeit als Qualitätskriterium der Fernsehsprache

4.4.2.1

Die Sprache der Fernsehnachrichten: Verständlich und stilistisch einwandfrei?

4.4.2.2

Zur Einfachheit des Satzbaus/ der Wortwahl im Filmbericht

4.4.2.3

Zu den verständlichkeitsfördernden Stimuli im Filmbericht  

4.4.3

Das Bild und seine Komponenten als Qualitätskriterium der Verständlichkeit

4.4.3.1

Verständliche Filmgestaltung:   Die Bild- und Sequenzgestaltung

4.4.3.2

Verständliche Filmgestaltung:   Kameraarbeit/ Schnitt  

4.4.3.3 

Verständliche Filmgestaltung: 

Korrespondenz des Textes mit dem Bild/ bzw. der Grafik

4.4.3.4

Verständliche Filmgestaltung: 

Zusammenspiel von Filmtext /O-Töne & Bild/ Grafik bei Redeausschnitten

4.4.4   

Diskussion der Unterdimension Ästhetik

 

 

4.4    

DISKUSSION DER DIMENSION VERMITTLUNG  

4.4.1 

Definition und Diskussion der Dimension Vermittlung unter besonderer Berücksichtigung der Visualität  

Die Visualität als maßgebliche Einflussgröße bei der Thematisierung entspricht der Bedeutsamkeit des Fernsehbildes für den Vermittlungsprozess

Die Qualitätsevaluierung erfolgt auf der Basis der Unterdimensionen „Verständlichkeit“ und „Ästhetik“

Die Unterdimension Verständlichkeit wertet Qualität in Abhängigkeit von der Fernsehsprache und der technisch- handwerklichen Bildgestaltung

Ein großer Unterschied des Fernsehens zur Zeitung ist der Umstand, dass das Fernsehen bei der Berichterstattung auf „Bildmaterial“ angewiesen ist. In diesem Sinne ist das Fernsehen ungleich „visueller“ als die Zeitung. Obwohl der Nachrichtenwertforscher Staab (1998:55) die Ansicht vertritt, es gebe keine charakteristischen Nachrichtenfaktoren für das Fernsehen, spricht Kamps (1998:23) vom „Nachrichtenfaktor Visualität“. Dem entsprechen Studien zur Visualität der Fernsehnachrichten, die beispielsweise Brosius (1998:215) und Bruns (1997:123) vorgelegt haben. Übereinstimmend berichten die Medienwissenschaflter von einer Tendenz zu mehr bewegten Bildern in Nachrichtensendungen, die einhergehen mit einer geringfügigen Reduktion der Sprechermeldungen. Dabei werden bei der ARD laut Brosius (1997:125) 30 Prozent aller Themen in Form von Filmberichten angeboten. Bei RTL liegt der Anteil sogar bei 40 Prozent. Dieses Ergebnis korrespondiert mit den übereinstimmenden Aussagen der Medientheoretiker und –praktiker zur Bedeutung des Bildes. Besonders eindrucksvoll schildern Fang (1980:65ff.), Straßner (1982:60/78), Abend (1975:193fff.) und Wittwen (1995:103), dass die Visualisierbarkeit von Sachverhalten und das Vorhandensein entsprechenden Bildmaterials Einfluss auf die Publikation eines Sachverhaltes ausüben. Gegen diese Mehrheitsmeinung steht die gegenteilige Aussage einer Redaktionsleiterin, die Rager (1999:139fff.) zu diesem Thema befragte. Straßner (1982:60) berichtet aufgrund seiner Erfahrungen als teilnehmender Beobachter vom Visualisierungszwang, dem die Fernsehredakteure bei der Produktion der Fernsehnachrichten unterliegen. Er (Straßner:1982:78) sagt daher aus, die Visualisierbarkeit habe bei den Konferenzen der Tagesschau oberste Priorität. Anja Sauer (1997:19) berichtet in ihrer Diplomarbeit von vergleichbaren Erfahrungen als freie Mitarbeiterin des WDR-Magazins „Aktuelle Stunde“. Bei der Recherche macht der Faktor „Visualisierung“ einen bedeutenden Anteil aus: Angefangen von Überlegungen über die Lichtverhältnisse am Drehort und dem Ordern einer entsprechenden kameratechnischen Ausrüstung, ist es für die Beitragsautorin Sauer im Falle potenziell nicht realisierbarer Bilder selbstverständlich, sich ersatzweise Bildmaterial aus dem Filmarchiv zu besorgen.

 

Fernsehredakteur Abend (1975:193fff.) und andere Autoren sprechen im Hinblick auf die immense Wichtigkeit des Fernsehbildes die Chancen und Gefahren der Bildberichterstattung an. Zu den Gefahren zählt Straßner (1982:94) die eben bereits erwähnte Nichtthematisierung mangels geeigneten Bildmaterials. Eine weitere Gefahr ist die „Standardbebilderung“, die laut Straßner (1982:94) und Brosius (1998:218) zu einem Bilderteppich ohne wirklichen Informationsgehalt führe.

Diskussion der Dimension Vermittlung

  

Daneben bedingt die Visualität jedoch auch einen großen Vorteil: Abend (1975:186/193) und Brosius (1998:217) betonen, die optische Präsentation erleichtere die Verständlichkeit des dargestellten Sachverhaltes. Ausgehend vom steigenden Visualisierungsgrad der Fernsehnachrichten kommt Bruns (1997:123) zum Schluss, bei entsprechender Text- Bild- Korrespondenz habe die Informationsqualität der Fernsehnachrichten zugenommen. Die weitere Chance der Bildberichterstattung besteht nach Abend (1975:186), Kamps (1998:42) und Brosius (1998:217) in der scheinbaren Authentizität.

 

Bei der einleitenden Erläuterung von Ragers Dimension „Vermittlung“ unter Abschnitt 2.3.2.2 war bereits die Rede davon, dass die Handlungsroutinen im Printjournalismus ebenfalls auf das Qualitätskriterium der Verständlichkeit abzielen. [Mehr zum Thema Verständlichkeit als Qualitätskriterium im Printbereich von: (Kall:1997: Zusammenfassung), (Bierre:1993:78 fff.), (Berdi:1992:41), (Hagen:1995b:166) und (Fischer:1995:86).] In erster Linie behandeln die eben genannten Forscher unter dem Aspekt der Verständlichkeit sprachliche Kriterien, wobei Berdi und Fischer zur Qualitätsbewertung der Verständlichkeit auf das „Hamburger Verständlichkeitskonzept“ zurückgreifen (Langer/ Schulz v.Thun/ Tausch:1974). [Das Hamburger Verständlichkeitskonzept wird später ausführlich dargestellt.] Berücksichtigt man zusätzlich das von Schatz/ Schulz (1992:705) entworfene Qualitätsraster für die „journalistische Professionalität“, gilt Verständlichkeit ebenso als Qualitätskriterium für nachrichtliche Filmberichte. Aus diesem Grund etabliert die Autorin hiermit die Unterdimension „Verständlichkeit“, nach deren Qualitätsvariablen und -indikatoren im nachrichtlichen Filmbericht gesucht werden soll.

 

Ausgehend von der zur Verfügung stehenden Lektüre und der eben beschriebenen Visualität des Filmberichtes wird innerhalb der Unterdimension „Verständlichkeit“ zwischen der sprachlichen Qualität und der technisch- handwerklichen Qualität unterschieden, die auch Albers (1992:59) und Göpfert (1993:105f.) als Bewertungskriterium empfehlen. Wegen der Komplexität des zu untersuchenden Filmberichtes wird sich die Autorin zunächst mit den kleinsten Einheiten des Filmes beschäftigen, dem Bild, bzw. der Sequenz. Berücksichtigt werden sollen auch die Bild- Komponenten, bestehend aus Text, Ton und Schrifteinblendungen . Zur möglichst vollständigen Erfassung der handwerklichen „Verständlichkeitskriterien“ eines Filmberichtes soll die Qualität ferner anhand der Kamerabewegung, des Schnittes sowie verständlichen Gestaltung des Gesamtfilms diskutiert und eventuell bewertet werden.

Ferner nennen Schatz und Schulz (1992:705) auch die ästhetisch- künstlerische Professionalität als Kriterium der Qualität. Dabei wurde die ästhetische Komponente in den zur Verfügung stehenden Texten auffallend oft im Hinblick auf die Filmqualität genannt [vergleiche hierzu: (Albers:1992:59), (Groebel:1994:66), (Heussen:1997:363)]. Die Forscher beziehen sich in diesem Zusammenhang immer wieder die Regiearbeit, die Kameraführung, die Besetzung, die Szenenausleuchtung, sowie Musik und Ton.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

 

Weil schon die handwerklich- technischen Kriterien aus der Perspektive der Verständlichkeit analysieren werden sollen, verbleiben im Hinblick der ästhetischen Qualität abermals die Bildgestaltung (diesmal aus ästhetischer Perspektive – nicht aus der Perspektive der Bildverständlichkeit) , die Lichtgestaltung, der Einsatz von Filmtricks, der dramaturgische Aufbau, sowie der Musik- und Geräuscheeinsatz.

 

Mit den eben skizzierten Parametern der Qualitätsanalyse sollte innerhalb der beiden Unterdimensionen „Verständlichkeit“ und „Ästhetik“ eine möglichst vollständige Qualitätsanalyse des komplexen Untersuchungsgegenstandes „Filmbericht“ möglich sein.  

  
                  

 

Diskussion der Dimension Vermittlung  

4.4.2

Verständlichkeit als Qualitätskriterium der Fernsehsprache

4.4.2.1 

Die Sprache der Fernsehnachrichten: Verständlich und stilistisch einwandfrei?

Der Widerspruch von „gutem Stil“ und der Forderung nach „Verständlichkeit“ der Fernsehnachrichten ist auf ein Minimum reduzierbar

Die sprachliche Bewertung der Filmberichte erfolgt auf Basis des Hamburger Verständlichkeitskonzeptes und der von Ohler zusammengefassten Stilprinzipen Ludwig Reiners´  

Die Fernsehsprache, bzw. den Filmtext als Aspekt der Qualität zu werten, scheint auf den ersten Blick angesichts der Hilfsfunktion des Textes ein gewagter Ansatz. [Vergleiche hierzu: Abend (1975:190), der sich mit der Meinung auseinandersetzt, die Sprache der Fernsehnachrichten sei als „restricted code“ zu undifferenziert, um als Gegenstand der wissenschaftlichen Analyse zu fungieren.] Dennoch soll an dieser Stelle die Fernsehsprache betrachtet werden, denn der Filmtext hat in Kooperation mit dem einzelnen Bild einen wesentlichen Anteil an der Verständlichkeit. Für die nähere Beschäftigung mit der Qualität der Film- und Fernsehsprache spricht ferner, dass die Hilfsfunktion der Sprache in Filmberichten nicht deren Verständlichkeit ausschließt.

 

Verständlichkeit gilt als oberste Maxime vieler „Fernsehmacher“, so etwa bei den Topmanagern von RTL, die die einfache und verständliche Präsentation der Nachrichten als eine ihrer Wettbewerbsstrategien deklarieren (Bartel:1997:182). Straßner (1982:51) fordert die Verständlichkeit der Fernsehnachrichten aufgrund der Komplexität des Wahrnehmungsprozesses, bei dem den Zuschauern Informationen sowohl mittels des auditiven als auch des visuellen Kanals zugetragen wird. Mit diesen Forderungen nach Verständlichkeit und Einfachheit korrespondiert die Sprache der Fernsehnachrichten, was sowohl für die Moderations- als auch die Filmtexte gilt.

 

Die Lehrbuchautoren Sturm (1998:215) und Michel (1969) raten den Film- und Fernsehstudenten deshalb zur Verwendung einer einfachen Wortwahl, eines einfachen Satzbaus, kurzer Sätze und einigen anregenden Stimuli, wie etwa einem Witz. Kurz: Beide fordern die Verwendung der „Sprechsprache“, welcher der täglichen Umgangssprache nahesteht und die in der fernsehnachrichtlichen Praxis eine große Rolle spielt.

 

Der Wunsch nach Verständlichkeit und die damit einhergehende Sprachpraxis löst laut Bruns (1997:229) bei bestimmten Medientheoretikern jedoch heftige Kritik aus, steht doch die Verständlichkeit im Widerspruch mit dem, was man als „Gutes Deutsch“ bezeichnet. [Vergleiche hierzu: (Hermann:1981:8f.), (Leonhardt:1981:13f.) und (Meckel/Kamps:1998:25)]. Guter Stil erfordert beispielsweise elegante Formulierungen und einen großen Wortschatz. In der Nachrichtensprache werden hingegen um der Verständlichkeit willen geläufige Wörter und ein kleiner Wortschatz verwendet. Weitere Anforderungen an die Nachrichtensprache sind Kürze, Prägnanz, Einfachheit und Klarheit der Sprache. Stilistische Verzierungen und Füllwörter wird man ebenfalls vergeblich in der Nachrichtensprache suchen. Dies gilt insbesondere für den Text nachrichtlicher Filmberichte, dem nach Aussagen von Michel (1969:95), Schult (1993:123) und Plangger (1993:13) eine Hilfsfunktion zukommt. Plangger bezeichnet den Filmtext als eine Art „Schlagwort“. Dabei steht dieser hinter dem Bild zurück und erklärt das, was hinter dem Bild steht. In seiner Rolle als „Zuarbeiter“ des Bildes, muß er wie schon das Bild zur Verständlichkeit beitragen. Er muß deshalb klar, eindeutig und leicht verständlich sein. Das bedingt wiederum nach Wember (1976:151), dass der Text in seinem Schwierigkeitsgrad mit dem Reizwert des Bildes korrespondiert. Je komplexer das Bild, desto einfacher sollte der Text sein, wobei dieser zusätzlich sparsam verwendet werden sollte.

 

Jedoch ist wohl der Gegensatz „Verständlichkeit versus Stil“ nach der Durchsicht der Aufsätze von Abend (1975:190) und Ohler (1982:41ff.) minimierbar, wenn nicht sogar überwindbar. Nachrichtliche Filmberichte sollten nicht nur verständlich sein, sondern auch einen guten Stil aufweisen, zumal Verständlichkeit gemäß Weischenberg (1995:180) als Teil der Sprachqualität gilt. Ohler (1982:41) entwickelte Prinzipien für ein gutes und verständliches Nachrichtendeutsch, indem er das Hamburger Verständlichkeitskonzept unter anderem ergänzt durch die stilistischen Ratschläge Erich Straßners, Wolf Schneiders und Ludwig Reiners´.

 

Zunächst zum Hamburger Verständlichkeitskonzept: Dieses wurde von den Psychologen Langer, Schulz v. Thun und Tausch in den Jahren 1970 bis 1973 entwickelt und erprobt (Langer/Schulz v. Thun/ Tausch:1974:11). Die Verständlichkeitsforscher führten Versuchsreihen mit verschieden gestalteten Texten durch, wobei sie feststellten, dass die Art der Darstellung Einfluss auf die Verstehensleistung der Leser hatte.

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Den Forschern zufolge korrespondiert die Verstehensleistung mit der Einfachheit des Satzbaus und der Wortwahl, der Kürze/Prägnanz und der Gliederung des Textes. Verständnisförderlich sind ferner sparsam eingesetzte Stimuli. Innerhalb der printbezogenen Qualitätsforschung erheben Fischer (1995) als auch Berdi (1992) diese vier Verständlichkeitsprinzipien zur Grundlage ihrer Forschungsarbeiten. Zwei dieser vier Prinzipien, nämlich die „Einfachheit des Satzbaus und der Wortwahl“, sowie „zusätzliche Stimuli“ dienen in dieser Arbeit ebenso zur Evaluierung entsprechender Indikatoren. Dass die beiden anderen Prinzipien in der speziell für Printprodukte geforderten Art und Weise nicht auf den Untersuchungsgegenstand „Filmbericht“ anwendbar sind, zeigt sich etwa am Prinzip der Gliederung. Mit „Gliederung/Ordnung“ bewertet das Forscherteam um Langer (1974:14) die innere Ordnung und die äußere Gliederung eines Textes. Die Information soll demnach in einer sinnvollen Reihenfolge dargeboten werden, was sich auch auf die Textgestaltung auswirkt. So fordern Langer (1974) und Fischer (1995:87) bei der Textgestaltung Absätze, Zwischenüberschriften, Hervorhebungen und Textzusammenfassungen. Dabei ist es nicht so, dass nicht auch der Film eine gewisse Ordnung und Gliederung aufweisen sollte. Beim Film zeigt sich diese Ordnung jedoch im dramaturgischen Aufbau. Das geht zum Beispiel aus den Äußerungen von Kerstan und Wember hervor. Kerstan (1993:41) und Wember (1976:148) verlangen vom Reportagefilm eine klare Strukturierung. Auf der Suche nach der bestmöglichen Strukturierung des Reportagefilms schlägt Medienforscher Wember beispielsweise vor, schwierige Teilabschnitte zusammenzufassen und wichtige Argumente deutlich hervorzuheben. Als Angelegenheit der Dramaturgie wird die Strukturierung eines Filmes in Abschnitt 4.4.4.4 behandelt.

 

Gemäß der Forscher um Langer (1974:15f.) erfaßt das Verständlichkeitsprinzip „Kürze / Prägnanz“ die Länge des Textes im Hinblick auf die Informationsmenge. Hier bewerten die Qualitätsforscher Berdi (1992:44) und Fischer (1995:87) jenen Text am höchsten, der sich auf das Wesentliche beschränkt ohne dabei der Oberflächlichkeit zu verfallen. Dieses Prinzip auf den Film bzw. den Filmtext anwenden zu wollen, hat keinen Sinn. Zum einen ist der Filmtext durch seine Hilfsfunktion bereits rudimentär; zum anderen gelten nachrichtliche Filmberichte zusammen mit den Nachrichtenfilmen als kürzeste filmische Form. Ferner wurde die Forderung des Forscherteams um Langer nach Kürze/ Prägnanz bereits indirekt in dieser Arbeit behandelt – und zwar innerhalb der Qualitätsvariablen Vollständigkeit als Bestandteil der Dimension „Richtigkeit“. [Vergleiche hierzu Abschnitt 4.2.4.]

 

Hinzu kommen die von Ohler (1982:44) auf sechs Stilprinzipien reduzierten Stilempfehlungen Ludwig Reiners´ (1995). Zu ihnen zählen Verständlichkeit, Lebendigkeit und Farbe, Knappheit, Genauigkeit, Schlichtheit und der Verzicht auf Fremdwörter. Prinzipiell befürwortet Ohler die Stilempfehlungen Reiners; er hegt jedoch Zweifel am Verzicht von Fremdwörtern. Das Stilprinzip eines lebendigen, farbigen Stils kann Ohler nur gutheißen, wenn es nicht zu Lasten der Verständlichkeit geht. Diese Meinung wird auch hier vertreten, was bei der Behandlung der „zusätzlichen Stimuli“ in Abschnitt 4.4.2.3 deutlich werden dürfte.  

  

   
          
 

Diskussion der Dimension Vermittlung  

4.4.2.2 

Zur Einfachheit des Satzbaus/ der Wortwahl im Filmbericht

Das erste Kriterium, welches das Verständnis fördert, ist nach Langer und Schulz v. Thun (1974:13) die Einfachheit im Satzbau und der Wortwahl. Die einfache Darstellung zeigt sich anhand kurzer, einfacher Sätze, geläufiger Wörter sowie anhand einer konkreten und anschaulichen Sprache. Dies entspricht den Forderungen, die laut Fernsehjournalist Abend (1975:193) jeder Nachrichtenredakteur kennt. Demnach sind Fremdwörter, Substantivierungen und komplizierte Schachtelsätze zu vermeiden. Erwünscht sind dagegen kurze Sätze und Verben. [Gleiches fordern: (Sturm:1998:215), (Michel:1969:72f.), (Fang:1980:24f.).]

Zur Satzlänge: Auch für Ohler (1982:44) gilt die Stilempfehlung der Knappheit. Allerdings kann seiner Meinung nach die im Hörfunk und Fernsehen verständlichkeitsförderliche Redundanz von Wörtern das Knappheitsgebot einschränken. Bei der Messung der Verständlichkeit wird immer wieder ein Name genannt - Rudolf Flesch: Er erfand die Reading Ease- Formel (die Lesbarkeitsformel), welche letztendlich aussagt, dass mit abnehmender Wort- und Satzlänge die Verständlichkeit zunimmt (Weischenberg:1995:181f.), (Langer/ Thun v. Schulz/ Tausch:1974:28f.). Die mathematische Formel Fleschs wird angewandt auf einen Textdurchschnitt von 100 Wörtern und beruht laut Fang (1980:25) auf der Silbenzählung. So soll ein optimal verständlicher Satz nicht mehr als 20 Silben enthalten. Diese Form der Verständlichkeitsmessung ist recht aufwendig. Leichter durchführbar wird die Verständlichkeitsmessung durch die Angabe der maximalen Wortanzahl, die ein Satz enthalten darf.

 

Straßner (1982:53) geht bei der Vorstellung seines Verständlichkeits- Konzeptes von der besonderen Rolle der „Gegenwartsdauer“ aus, jener Präsenzzeit, in der Informationen im Kurzzeitspeicher des Gedächtnisses abgelagert werden. Diese Gegenwartsdauer umfaßt für Erwachsene sechs Sekunden. Informationsträchtige Einheiten sollen, so Straßner, innerhalb dieser Zeitspanne übermittelt werden. Straßner zufolge umfaßt diese Zeitspanne in der alltäglichen Rede einen Wortschatz zwischen 7 und 14 Wörtern. Dieser Wert entspricht Reiners (1995:221) Stilempfehlung für einen „sehr leicht verständlichen“ Stil, der pro Satz eine maximale Wortanzahl von 13 Wörtern vorsieht. Ebenso empfiehlt Weischenberg (1990:226) für den Bereich des Hörfunks 13 Worte im Satz. Sturm (1998:226) fordert um der Verständlichkeit willen die jungen Journalisten dazu auf, keine Sätze über 18 Worte zu bilden. Einen ähnlichen Wert, nämlich 14 bis 18 Worte, nennt Reiners (1995:221) im Hinblick auf einen „leicht verständlichen“ Satz. Einen Satz mit 19 bis 25 Wörtern hält Reiners für „verständlich“. Erst ab einem Wortumfang von 26 Wörtern pro Satz spricht Reiners von einem „schwer verständlichen“ Satz.

Fazit für die Bewertung der Satzlänge im Filmbericht

Die obige Diskussion zeigt eindeutig einen Trend zum kurzen Satz, wobei die Wissenschaftler und Praktiker jene Sätze als „verständlichkeitsförderlich“ einstufen, die weniger als 20 Worte pro Satz aufweisen. Für den Hörfunk verlangt Weischenberg nur 13 Worte als Bewertungsmaßstab für einen optimal verständlichen Satz. Bei der Findung eines Qualitätsindikators für die Satzlänge hätte daher diese Arbeit auf den oben formulierten Anspruch zurückgreifen können, dass alle Sätze eines Filmberichtes eine maximale Wortzahl von 13 Wörtern aufweisen dürfen. Dies war anfangs auch geplant.

 

Die Argumentationsbeispiele machten jedoch deutlich, dass allein die Satzlänge der in den Filmberichten enthaltenen „Redeausschnitte“ der Politiker diese Forderung Weischenbergs als unrealistisch erscheinen lassen. [Vergleiche hierzu die Argumentationsbeispiele in Abschnitt 6.2.]

 

So stellten „Endlos- Sätze“, auf welche die Autorin bei der Analyse der Argumentationsbeispiele stieß, das erste „Problem“ dar. Dabei zeigte sich jedoch recht bald, dass es sich bei diesen scheinbaren Endlos- Sätzen oftmals um Satzkonstrukte handelte, die Parataxen ähneln. [Vergleiche hierzu:(Hermann:1999:1029)] Als Parataxe wird ein Satz bezeichnet, der aus zwei oder mehr Hauptsätzen besteht. Ein Beispiel hierfür ist der Redeausschnitt Angela Merkels im ARD- Beitrag von Claudia Buckenmaier. Hier heißt es:

 

Aus meiner Sicht geht es darum, das Erbe von Helmut Kohl zukunftsfähig zu machen und dafür zu sorgen, dass wir trotzdem gestaltend über die Zeit hinaus denken; (27 Worte) das auch gerade am Beginn des neuen Jahrhunderts. (8 Worte)

 

Dieser Satz entspricht bezüglich seiner Länge einem „typischen Politiker- Statement“ von insgesamt 35 Wörtern. Jedoch läßt sich der Satz in zwei Satzeinheiten von 27 – bzw. von 8 Wörtern aufteilen (Diese Ansicht wird in einem der folgenden Abschnitte noch näher begründet). Dabei ist der gerade zitierte Satz bezüglich seiner Länge keine Ausnahme. Der Filmbericht von Claudia Buckenmaier weist mindestens 4 weitere Sätze auf, die mehr als 14 Worte enthalten. Gleiches gilt für die anderen Filmberichte, die ebenfalls mehrere Sätze enthalten, die mehr als 13 Worte umfassen.

 

Der Grund für die langen Sätze sind meist die Redeausschnitte der Politiker und Experten. Dabei hat der Fernsehjournalist bei den Redeausschnitten nur im beschränkten Rahmen die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Ausdrucksweise des Interviewten. Er kann seinen Interviewpartner (sollte dafür überhaupt Zeit bleiben) bitten, das Statement „verständlicher“ und mit einfachen Sätzen zu formulieren. Bei Pressekonferenzen ist dies jedoch bereits kaum mehr möglich. Anders als bei Radiobeiträgen gestaltet sich zudem das „Zurechtschneiden“ des Redebeitrags nach der Aufzeichnung aufgrund der Bildkomponente ungleich schwieriger als beim Radio. In einem solchen Fall muss der Fernsehjournalist auf „Zwischenschnitte“ zurückgreifen, die aber für den Text- Bildbezug wenig förderlich sind.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

  

Damit macht die Aufstellung eines Indikators: „Alle Sätze des Filmberichts umfassen nicht mehr als 13 Worte“ keinen Sinn. Auch der Ausschluss der Redeausschnitte (die meist umfangreichere Sätze enthalten) aus der Qualitätsbewertung führt zu keinem wirklichen Ergebnis, da die Redeausschnitte einen festen Bestandteil eines Filmberichtes darstellen und ebenso wie der Sprechertext die Forderung nach Verständlichkeit erfüllen sollen. Doch in welchem Rahmen soll dann die Verständlichkeit gewertet werden?

 

Die Autorin hat sich für schließlich für eine – zugegebenermaßen – großzügige Wertung im Hinblick auf die verständliche Satzlänge entschieden. Pro angefangener Filmminute darf ein Filmbericht maximal einen Satz enthalten, der mehr als 20 Worte beträgt. Entspricht der Filmbeitrag dieser Forderung, dann erhält er 2 Punkte. [Zur Vergabe der Punktzahl siehe Abschnitt 4.5 „Gewichtung und Gesamtbewertung der Dimension Vermittlung.] Dieser Qualitätsmaßstab berücksichtigt jedoch den Umstand, dass sich Politiker und Experten des öfteren längerer Sätze „bedienen“, die später meist nur schlecht vom Journalisten gekürzt werden können. Gleichzeitig können durch diese großzügig gefasste Wortzahl pro Satz auch die Redeausschnitte qualitativ bewertet werden. Darüber hinaus gelten Sätze mit 18 bis 20 Wörtern bei Sturm (1998:226) und Reiners (1995:221) noch als „verständlich“.

 

Nachdem die Frage der maximalen Wortanzahl pro Satz geklärt worden ist, soll auch noch die Verfahrensweise bei der Codierung der Sätze erläutert werden. Hierbei ergab sich eine weitere Schwierigkeit: So wies die Sprache der Filmberichte nicht den typischen Satzbau im Sinne von „Subjekt – Prädikat – Objekt auf. Die Autorin entdeckte Sätze/ bzw. satzähnliche Sinneinheiten, die kein Prädikat enthielten. Ein Beispiel hierfür ist der Beginn des Pro7- Beitrages von Lars Schröder. Hier heißt es: „Wildbad Kreuth, ein Wintermärchen.“ Ausgehend von der Grammatik in der neusten Ausgabe des Dudens (Hermann:1999:1033) entschied sich die Autorin dafür, solch eine satzähnliche Sinneinheit als Satz zu codieren. Als Satz zählen gemäß der Ausführungen des Dudens auch Einwort- Sätze wie „Komm!“ oder „Feuer!“ und Ellipsen. Entsprechend dieser Regel wurde folglich das oben zitierte Statement von Angela Merkel als „Parataxe“ – also als ein 2 Satzeinheiten umfassendes Satzgebilde gewertet.

 

Ausschlaggebendes Merkmal eines Satzes (bzw. einer Satzeinheit) ist bei der Codierung daher die Frage, ob ein Satzgefüge eine in sich selbständige und inhaltlich abgeschlossene Einheit darstellt. Den letzten Ausschlag bei der Codierung gibt in Zweifelsfällen allerdings die Stimmmelodie des Sprechers. Macht die sprechende Person die Eigenständigkeit der jeweiligen Satzeinheit durch eine Pause oder ein Absenken der Stimme deutlich, ist die gesprochene Satzeinheit als „Satz“ zu werten. Auch im Falle des oben zitierten Beispiels deutete der Stimmverlauf Angela Merkels auf eine Parataxe, da die Politikerin eine minimale Pause vor der acht Worte umfassenden Satzeinheit macht.  

Diskussion der Dimension Vermittlung  

Zum Satzbau: Viele kurze Hauptsätze sind laut Weischenberg (1990:143) jedoch nicht das einzig probate Stilmittel der Verständlichkeit im printbezogenen Nachrichtenjournalismus. Für diesen empfiehlt er die sprachliche Varianz, welche gekennzeichnet sein sollte durch eine Mischung aus kurzen Sätzen und aufwendigeren Konstruktionen mit Haupt- und Nebensätzen. Dabei sollte wichtige Information in den Hauptsätzen, Nebensächliches in den Nebensätzen verarbeitet werden. Auch Straßner (1982:53f.) beurteilt die Aneinanderreihung eindimensionaler Sätze im Hinblick auf den fernsehnachrichtlichen Journalismus negativ. Als „eindimensional“ bezeichnet Straßner Sätze, in denen untergeordnete Informationen durch Präpositional- und Genitivkonstruktionen in den Hauptsatz eingebunden werden. Dies erschwert nach Meinung Straßners die Verständlichkeit für den Zuschauer. Schult (1993:138) und Ohler (1982:46f.) sprechen sich ferner gegen gewagte Satzkonstruktionen, wie sie zum Beispiel Partizipalkonstruktionen darstellen, aus. Ferner fordert Ohler den Verzicht auf Schachtelsätze und eine Orientierung an der (einfach strukturierten) Alltagssprache.

 

Auch Lehrbuchautor Sturm (1998:216-226) gibt den Studenten zahlreiche Handlungsweisungen bezüglich der verständlichen Satzkonstruktion. Wie schon Michel (1969:95), Schult (1993:123) und Plangger (1993:13) betont Sturm (1998:223) die Funktion des Textes als „Diener“ des Bildes, wobei er als Regel festhält, im Hauptsatz solle die Bildinformation und im Nebensatz die ergänzende Information geliefert werden.

 

Bezüglich der Komplexität der Sätze liegen bereits Studien von Bruns (1997) und Straßner (1982) vor. Bei seiner vergleichenden Analyse der Sprache in Agentur- und Fernsehberichten stellt Straßner (1982:182/189) fest, dass in der Nachrichtensprache bevorzugt ein- und zweidimensionale Sätze gebraucht werden, wobei insbesondere in Filmberichten mehr eindimensionale Sätze verwendet würden als beispielsweise in Sprechermeldungen. Als Beispiel für ein- bzw. zweidimensionale Sätze nennt Straßner kurze Hauptsätze bzw. einen Hauptsatz, dem ein Nebensatz beigefügt wurde.

 

Weiterhin konstatiert Straßner (1982:182) , dass auffällig häufig das Subjekt des Satzes, meist ein Eigenname, am den Anfang des Satzes gestellt wird. Dies entspricht im Wesentlichen den Aussagen der differenzierteren Studie von Bruns (1997:229-257), der eine sprachliche Spezialanalyse der unterschiedlichen Beitragsformen vornahm. Sie enthielt sowohl den Wortschatz der Fernsehnachrichten als auch die Sprache der Nachrichtenfilme, der Sprechermeldungen und der Korrespondentenberichte . Nach Angaben von Bruns (1997:255) wurden dafür 32 Stunden lang die Hauptausgaben der Nachrichtensendungen aufgezeichnet. Auch wenn Bruns die Ergebnisse dieser Teilstudie nicht als repräsentativ für die Sprache der einzelnen Nachrichtensendungen einschätzt, enthält sie jedoch für diese Arbeit wertvolle Hinweise. Zur Untersuchung der Satzkomplexität entwirft Bruns (1997:243f.) sieben Kategorien, wobei er bezüglich der rund 40sekündigen Nachrichtenfilme zum Ergebnis kommt, dass besonders die privaten Anbieter vorzugsweise einfache Satzkonstruktionen benutzen.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Häufige Verwendung fänden dabei Sätze der Kategorie I (bestehend aus einem Hauptsatz) und der Kategorie II (bestehend aus zwei Hauptsätzen oder durch einen Haupt- und Nebensatz). Bei den Filmberichten zeichnet sich nach Angaben von Bruns ein ähnliches Ergebnis ab. So bestünden Autorenbeiträge überwiegend aus Sätzen der Kategorie I und II. Dies treffe besonders bei jenen Beiträgen zu, die von den privaten Anbietern ausgestrahlt würden. Daneben wiesen die bei SAT.1, RTL, ZDF und ARD gesendeten Autorenbeiträge auch Satzkonstruktionen der Kategorie III auf (bestehend z. B. aus einem zweiteiligen Hauptsatz, der durch einen Nebensatz getrennt wird). Im Durchschnitt machen diese Satzkonstruktionen laut Bruns 10 Prozent aller Satzkonstruktionen aus. Noch komplexere Satzkonstruktionen der Kategorie IV finden sich Bruns Analyse zufolge vor allem bei den öffentlich- rechtlichen Anbietern ARD und ZDF.

 

Weischenberg (1990:142) ist der Ansicht, Nachrichtensätze sollten nicht nur eine einfache Subjekt- Prädikat- Objekt- Konstruktion darstellen; sie sollten darüber hinaus auch im Aktiv verfasst sein. Diese Meinung teilt er mit Ohler (1982:46f.), Fang (1969:72f.), Reiners (1995:221), Michel (1969:72f.) und Straßner (1982:181), der eine sprachliche Analyse der Fernsehnachrichten durchführte. Dabei stellte er fest, dass die von ihm untersuchten Sendeanstalten eine aktive Satzkonstruktion bevorzugten. Die Benutzung des Aktivs war nach Straßner eindeutig dominierend.

Ferner befürworten die Lehrbuchautoren Weischenberg (1990:147) und Fang (1980:38) im Fall, dass der Beitragsautor eine aktive Satzkonstruktion anwendet, den Gebrauch von einfachen, ausdrucksstarken, bzw. aktions- und tätigkeitsorientierten Verben. Der Nachrichtenredakteur Abend (1975:192) hält die strategische Vermeidung des Passivs im Nachrichtengeschäft für wenig sinnvoll. Der Journalist brauche das Passiv nicht nur aus stilistischen Gründen, sondern auch zur Verdeutlichung von Bezügen. Berechtigt ist die Leidensform (das Passiv) nach Reiners (1995:41), der ansonsten die Verwendung des Aktivs befürwortet, wenn Leidensvorgänge wiedergegeben werden sollen. Ferner sei der Passiv angebracht, wenn der Täter unwichtig ist oder verschwiegen werden soll.

Fazit für die Bewertung des Satzbaus im Filmbericht

Den eben vorgestellten Studien gemäß bilden einfache Satzkonstruktionen das Gros der Sätze in Nachrichtenfilmen und Autorenbeiträgen. Der Forderung der Medientheoretiker nach Simplizität, denen sich die Autorin im Hinblick auf die Verständlichkeit anschließt, wird also im überwiegenden Maß entsprochen. Aus diesem Grund und aus arbeitsökonomischen Gründen wird in dieser Arbeit auf die Bildung von Indikatoren zur Bewertung der Satzkomplexität verzichtet. Im Falle nachfolgender film/fernsehwissenschaflicher Qualitätsuntersuchungen könnte man zur Bewertung des Satzbaus die Komplexitäts- Kategorien von Bruns übernehmen und Sätzen der Kategorie I, II und III eine entsprechende Punktzahl zuweisen.

Die Qualitätsbewertung des Satzbaus anhand der von Sturm (1998:216/ 226) gegebenen Handlungsanweisung bezüglich der Funktionen von Haupt- und Nebensatz, scheint nach Bruns´ (1997:244) Analyse jedoch fraglich. Nach Angaben des Wissenschaftlers macht es keinen Unterschied, ob eine Sprechermeldung bebildert ist oder nicht. Der immer wieder geforderte Bezug des Textes zum Bild in Nachrichtenfilmen schlägt sich laut Bruns jedenfalls nicht in der Syntax entsprechender Beiträge nieder. Bei der hier durchgeführten Minimalanalyse (vergleiche Abschnitt 6.2) zeigte der RTL- Beitrag Edgar Bergers vom 6. Januar 2000 Folgendes: Insgesamt enthält der Beitrag 32 „Sätze“ (Satzgefüge, die eine in sich inhaltlich abgeschlossene Einheit darstellen) und 6 Satzkonstruktionen, die aus einem Hauptsatz und einem oder mehreren Nebensätzen gebildet werden. Drei von diesen Haupt- und Nebensatz- Konstruktionen entsprechen der Forderung Sturms, der Hauptsatz solle den im Bild sichtbaren Sachverhalt ansprechen, während der Nebensatz Hintergründe erklärt. So etwa der Schlusssatz des Beitrages:

 

Waffenhändler Schreiber, dessen Millionenspende im Handgepäck die Affaire auslöste, will jetzt von der CDU sein Geld zurück.“

Das Bild zeigt Schreiber, der an der Kamera vorbeiläuft. Beim SAT 1- Beitrag von Mick Locher und Jörg Rositzke sind 22 Sätze zu bewerten, darunter drei Satzkonstruktionen mit Haupt- und Nebensatz. Auch hier halten sich die Autoren in vier von sieben Fällen an die Regel, dass der Hauptsatz sich auf die Bildinformation beziehen sollte. Aus diesem Grund könnte man die Einhaltung der Regel „Der Hauptsatz spricht das Bild an; der Nebensatz liefert ergänzende Informationen“ als Qualitätsindikator aufnehmen. Gegen die Aufnahme spricht jedoch, dass mit diesem Vorgehen indirekt das Text – Bild- Verhältnis eines Beitrages bewertet wird. Es käme somit zu einer doppelten Bewertung des Text- Bild- Zusammenhanges, da das Verhältnis von Text und Bild an späterer Stelle unter Abschnitt 4.4.3.3 bewertet werden soll. Aus diesem Grund wird die potenziell zu wertende Forderung „Der Hauptsatz spricht das Bild an; der Nebensatz erläutert Hintergründe nicht in die Qualitätswertung aufgenommen.“

Die Überprüfung der aktiven Satzkonstruktion könnte sich an den von Reiners (1995:221) gebildeten Satzkonstruktionen orientieren. Dabei hält Reiners Texte mit einem Verbanteil von 13 bis 14 aktiven Verben pro 100 Worte für leicht verständlich. Kommen sogar über 14 Verben auf 100 Worte, dann ist dieser Text Reiners zufolge als sehr leicht verständlich einzustufen. Im Falle, dass 9 bis 12 Verben pro 100 Wörter erscheinen, stuft Reiners den Text als verständlich ein. Aus dem Gesagten wird ersichtlich, dass ein verständlicher Text mindestens 9 aktive Verben pro 100 Worte enthalten sollte. Wünschenswert für einen sehr leicht verständlichen Text sind rund 12 bis 14 Verben. Aus diesen Vorgaben entwickelt die Autorin den Indikator, wobei wieder die in Abschnitt 6.2 abgehefteten Argumentationsbeispiele genutzt werden. Dabei weisen die fünf transkribierten Filmbeiträge pro 100 Worte zwischen 9 und 12 aktive Verbkonstruktionen auf.

  Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Hierbei muß erläutert werden, welches Verb als „aktives Verb“ codiert wurde. Auch hier dient das Bertelsmann- Wörterbuch als Orientierungsmaßstab (Hermann:1999:1049f.): Danach zählen der Infinitiv, der Indikativ im Präsens, der Imperativ, der Indikativ im Präteritum, sowie der Indikativ im Plusquamperfekt, im Perfekt, beide Zukunftsformen sowie die Ausprägungen des Konjunktivs als aktive Verbform. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Geschehen im Satz vom Subjekt (Agens) ausgeht (Hermann:1999:1011). Die Aktivform bezeichnet Handlungen ( ich gehe), Vorgänge (das Wasser fließt), Zustände (die Sonne scheint) sowie unpersönliche Sachverhalte (es regnet). [Als aktive Verbform galten somit: „die Idylle trügt“ (1 Verb), Ich kann nichts damit anfangen (1 Verb), dabei sind wir stolz (1 Verb), auf das Erbe, was wir haben (1 Verb).]

 

Mit einer Verbanzahl von 9 bis 12 aktiven Verben pro 100 Worte erfüllen die fünf Filmberichte im Großen und Ganzen die Forderung nach Verständlichkeit im Hinblick auf die Zahl der Verben pro 100 Worte. Den Verständlichkeitsforschern zufolge ist davon auszugehen, dass mit steigender Verbzahl pro 100 Worte, die Verständlichkeit zunimmt. So könnte der zu bildende Qualitätsindikator die Forderung enthalten, dass 100 Wörtern mindestens 13 Verben im Aktiv entsprechen müssen. Nach reiflicher Überlegung wurde dieser Wert jedoch gesenkt. Pro 100 Worte muss ein Filmbericht 11 aktive Verben enthalten, um bezüglich seiner Verständlichkeit 2 Punkte zu erhalten. [Zur Vergabe der Punktzahl siehe Abschnitt 4.4.5 „Gewichtung und Gesamtbewertung der Dimension Vermittlung“.] Die Gründe für diese Entscheidung sind die vielen elliptischen Satzkonstruktionen in den Filmberichten sowie der Umstand, dass die Filmbeiträge Redeausschnitte enthalten, wobei der Journalist nur begrenzten Einfluss darauf nehmen kann, wie häufig sein Interviewpartner aktive Verben einsetzt. In nachfolgenden Forschungsarbeiten könnte die Untersuchung der aktiven Verben pro 100 Worte noch differenziert werden, indem man zum Beispiel einem Beitrag, der 12 Verben pro 100 Worte enthält, eine höhere Punktzahl zubilligt, als einem Beitrag, der 11 Verben pro 100 Worte aufweist.

Diskussion der Dimension Vermittlung  

Zur einfachen Wortwahl: Die Durchsicht der Literatur zeigt die teilweise ambivalente Diskussion um die Berechtigung des Gebrauchs von Euphemismen, Modewörtern, Wortwiederholungen, lexikalischer Varianz und sonstigen fernseh- und nachrichtenspezifischen stilistischen Eigenheiten. Die besondere Aufmerksamkeit gilt dabei jenen stilistischen Eigenheiten, die im Zusammenhang mit der Verständlichkeit stehen. So legt Reiners (1995:80) seinen Lesern nahe, Modewörter zu meiden. Fang (1980:33) erklärt, dass Modewörter, welche einem bestimmten „Jargon“ entstammen unter Umständen das Verständnis des Sachverhaltes erschweren. Modewörter sind Substantive aus der politischen, wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Fachsprache oder aus der Sprache bestimmter Bevölkerungsgruppen (z. B. Jugend- Slang), die Eingang in die Mediensprache finden.

 

Modewörter sind beispielsweise „Job-sharing“ oder „Szene“. Diese werden jedoch laut Abend (1975:192) und Ohler (1982:44f.) durch die Redeausschnitte der Interviewpartner in die Fernsehnachrichten getragen. Ohler mutmaßt sogar, ein Journalist könne sich dem Gebrauch dieser Modewörter gar nicht entziehen, wobei auch Eitelkeit und Bequemlichkeit im Spiel seien.

 

Umstritten ist bei Medientheoretikern auch die lexikalische Varianz (Verwendung von Synonymen und Umschreibungen für ein und dasselbe Wort), die aus dem journalistischen Streben nach sprachlicher Eleganz und Abwechslung herrührt. Nach Meinung Straßners (1982:54) und Ohlers (1982:46f.) erschwert sie jedoch die Verständlichkeit, da die Rezipienten einer Nachrichtensendung ein unterschiedliches Bildungsniveau aufweisen. Abend (1975:191/193) kann diese sprachlichen Empfehlungen als Fernsehjournalist nicht nachvollziehen. Seines Erachtens führt der Verzicht auf lexikalische Varianz zur Sprachverödung. Darüber hinaus sieht Abend die Möglichkeit, durch die Nutzung synonymer Begriffe den passiven Wortschatz der Zuschauer zu erweitern. Eine Lösung der skizzierten Streitfragen könnte darin bestehen, bei Gebrauch eines Modewortes oder einer lexikalischen Varianz zunächst zu prüfen, ob die anvisierte Zuschauergruppe das verwendete Wort ohne zusätzliche Erklärungen verstehen kann. Ist dies nicht der Fall, muß das Wort weggelassen oder erklärt werden.

 

Ähnlich strittig ist der Gebrauch von Wortwiederholungen (Benutzung desselben Wortes zweimal hintereinander). Die Lehrbuchautoren Fang (1980:38) und Weischenberg (1990:144) halten diese im flüchtigen Medium Fernsehen für angebracht, sofern es kein besseres Wort gibt. Reiners (1995:27) sieht Wortwiederholungen grundsätzlich kritisch und erlaubt sie nur zur Betonung ihrer spezifischen Bedeutung in einem bestimmten Kontext. Einigkeit herrscht dagegen im Falle von unnötiger Redundanzen (z.B. wahre Tatsache, weißer Schimmel), die übereinstimmend von Weischenberg (1988:144), Fang (1980:33) und Reiners (1995:27) gefordert wird.

 

Sturm (1998:219) rät jungen Fernsehjournalisten vom Gebrauch von Fremdwörtern und abstrakten Begriffen ab. Der Grund: Sie lenken den Zuschauer ab von der darauf folgenden Information. Im Falle, dass Fremdwörter gebraucht werden, solle der Journalist diese erklären. Diese Ansicht teilt er mit Weischenberg (1990:144), Ohler (1982:44), Abend (1975:192f.) und Schult (1993:138). Die Praxis spiegelt diese Einstellung. Straßner (1982:170) bezeugt die Obacht der Wortredakteure, komplizierte Fremd- und Sachbegriffe durch einfachere Ausdrücke zu ersetzen.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Fazit für die Bewertung der Wortwahl im Filmbericht

Bei der qualitativen Bewertung beschränkt sich die Autorin auf die Faktoren, über die einvernehmliche Übereinkunft herrscht und die besonders wichtig für das Verständnis eines Filmbeitrages sind. Damit verbleibt bezüglich der einfachen, verständlichen Wortwahl der Verzicht auf Fremdwörter.

Es ist wohl davon auszugehen, dass aufgrund des Genres „nachrichtlicher Filmbericht“ nicht gänzlich auf Fremdwörter verzichtet werden kann; diese sollen aber erklärt werden. Folglich ist es als Indikator für Verständlichkeit (und damit als Qualitätsmerkmal) zu werten, wenn ein Beitrag entweder keine Fremdworte enthält, bzw. wenn alle vorkommenden Fremdwörter erklärt werden. In einem solchen Fall erhält der codierte Filmbeitrag hierfür 2 Punkte. [Zur Vergabe der Punktzahl siehe Abschnitt 4.4.5 „Gewichtung und Gesamtbewertung der Dimension Vermittlung“.] Dabei geht die Autorin davon aus, dass Begriffe, die täglich in der politischen Berichterstattung erscheinen, wie zum Beispiel „Koalition“, „Fraktion“ oder „Opposition“, nicht als Fremdwort eingestuft werden brauchen.

 
             

Einfachheit des Satzbaus und der Wortwahl: Indikator(en)  

Auf alle Sätze eines Filmberichtes trifft folgende Feststellung zu:  

-

mindestens 11 aktive Verben (in jeglicher grammatikalischer Form) kommen auf 100 Worte (ausschlaggebend ist, dass das Geschehen im Satz vom Subjekt ausgeht)  

-

alle vorkommenden Fremdwörter (außer täglich verwendete politische Begriffe)  werden erklärt bzw. der Beitrag enthält kein Fremdwort  

Pro angefangener Filmminute gilt:  

-

maximal ein Satz beinhaltet mehr als 20 Worte (Als Satz gilt ein Satzgefüge, welches eine in sich selbständige und inhaltlich abgeschlossene Einheit darstellt)

   

Diskussion der Dimension Vermittlung  

4.4.2.3

Zu den verständlichkeitsfördernden Stimuli im Filmbericht  

Langer, Schulz von Thun und Tausch (1974:24/28) ermittelten, dass anregende (stimulierende) „Zutaten“ die Textverständlichkeit erhöhen. Stimuli wecken oder halten das Interesse des Lesers aufrecht, den Text bis zum Schluss zu lesen. Die motivierende Wirkung kann den Forschern zufolge durch Ausrufe geschehen, durch wörtliche Rede, rhetorische Fragen zum „Mitdenken“ oder das direkte Ansprechen des Lesers. Aufgrund dessen nehmen die Qualitätsforscher Berdi (1992:42) und (Fischer:1995:87) einige der verständnisfördernden Stimuli in ihren Katalog zur Qualitätsbewertung von Zeitungsartikeln auf. Grundsätzlich bejaht der Fernsehjournalist Ohler (1982:44) auch für die Nachrichtensprache Ludwig Reiners´ Stilempfehlung, Texte lebendig und farbig zu gestalten. Sobald diese Stimuli jedoch das Verständnis erschweren, hat der Fernsehjournalist auf sie zu verzichten. Die Stilmuli werden für den Bereich des Fernsehens bzw. der Fernsehnachrichten präsentiert und diskutiert von Wittwen (1995:134), Fiske (1987:291), Schult (1993:138), Sturm (1998:219) und Weischenberg (1990:146).

 

In diesem Zusammenhang nennt Wittwen (1995:134) die Metapher, auf die sich auch Fiske (1987:291) bezieht, weil sie häufig in den Nachrichtensendungen verwendet wird. Eine Metapher erklärt bekannte oder unbekannte Sachverhalte mittels einer bildlichen Umschreibung (z. B. Stimmungsbarometer, Schaukelpolitik). Ohler (1982:45) warnt im Hinblick auf die Fernsehnachrichten vor der Verwendung verbrauchter Metaphern, wie etwa „tiefer in die Tasche greifen“ und  den Rotstift ansetzen“, da diese inzwischen zum Sprachklischee geworden seien. Ebenso raten Michel (1969:78) und Schult (1993:138) von der Verwendung von Metaphern ab.

 

Dagegen findet die rhetorische Frage als verständnisförderndes Mittel die Zustimmung der Qualitätsforscher um Berdi (1992:42). Aus diesem Grund wird die rhetorische Frage zum Qualitätsindikator erhoben. Weiterhin stellen Filmsequenzen, die den Zuschauer direkt ansprechen, einen Qualitätsindikator dar. [Vergleiche hierzu: (Schatz/ Schulz: 1992:707)].

 

Michel (1969:78) und Weischenberg (1990:146) fordern von den Fernsehjournalisten darüber hinaus die Verwendung von Vergleichen, um komplizierte Sachverhalte wie etwa Zahlenangaben plausibel zu illustrieren. Eine adäquate Vergleichsgröße ist dabei etwa ein Fußballfeld oder die Fingerkuppe. Zudem sollen statt der konkreten Maßzahl eher Tendenzen aufgezeigt werden. Statt „58 Prozent“ ist für den Zuschauer die aufgerundete Angabe „rund 60 Prozent“ einprägsamer. [Vergleiche hierzu: (Sturm:1998:219), (Michel:1969:79) und (Schult:1993:139)].  

Fazit für die Bewertung der verständlichkeitsfördernden Stimuli  

Die obige Diskussion zeigte: Die Rhetorische Frage sowie die direkte Ansprache des Zuschauers eignen sich als Kriterien zur qualitativen Bewertung der Sprache des Filmtextes. Zudem wird es als Qualitätskriterium gewertet, wenn komplizierte Zahlenangaben oder Sachzusammenhänge durch einen Vergleich verständlich gemacht werden. Sollte eines oder drei der gerade genannten Qualitätskriterien in einem Filmbericht eingesetzt werden, erhält der Beitrag 2 Punkte. Durch diese Wertung soll eine Überbewertung des Einsatzes von Stimuli vermieden werden, da Stimuli ähnlich des Salzes in der Suppe sparsam eingesetzt werden sollen. [Zur Vergabe der Punktzahl siehe Abschnitt 4.4.5 „Gewichtung und Gesamtbewertung der Dimension Vermittlung“.]

Verständlichkeitsfördernde Stimuli: Indikator(en)  

-

der Filmbeitrag enthält eine/ mehrere rhetorische Frage(n)  

-

der Filmbeitrag enthält eine/ mehrere Passage(n), die den Zuschauer direkt anspricht  

-

der Filmbeitrag enthält einen/ mehrere Vergleiche, der/ die komplizierte Sachzusammenhänge verdeutlicht / verdeutlichen  

 

Diskussion der Dimension Vermittlung  

4.4.3

Das Bild und seine Komponenten als Qualitätskriterium der Verständlichkeit

Bilder wirken beeinflussen die Aufmerksamkeit als erste Voraussetzung der Informationsaufnahme

Die Bild- und Text- Redundanz fördert das Verstehen und Behalten von Filmberichten

Die Qualitätsbewertung der verständnisfördernden Gestaltung des Bildmaterials erfolgt anhand der Aussagen anerkannter Lehrwerke

Brosius/ Berry (1990:580), Ruhrmann (1990) und andere Forscher gehen davon aus, dass Aufmerksamkeit sowie das Verstehen und Behalten von Nachrichten einen Prozess darstellt, der von mehreren Faktoren abhängt: Von der Präsentation, vom Vorwissen des Rezipienten sowie von inhaltlichen Merkmalen. Teil der filmischen Präsentation sind die Bilder. Ihre Wirkung untersuchte laut Bock (1990:74) der Psychologe Berlyne. Danach fanden die Versuchspersonen Bilder der gegenständlichen Malerei um so interessanter, je komplexer, neuartiger, überraschender und informationshaltiger diese waren. Dasselbe zeigte sich auch bei abstrakten Bildern und akustischen Reizmustern. Zugleich waren es die interessanten, informationshaltigen und komplexen Reizmuster, die von den Rezipienten am längsten betrachtet wurden und welche die meisten Fragen verursachten. Bock schließt daraus, dass Aufmerksamkeit und Interesse denselben Bedingungen unterliegen. Zudem bestätigen weitere Studien, dass unerwartete und neuartige Reize die Aufmerksamkeit erregen (Bock:1990:74). Sie verursachen beim Rezipienten eine sogenannte „Orientierungsreaktion“, die durch ein Zuwendungsverhalten gekennzeichnet ist. Daneben ist für die Orientierungsreaktion auch eine erhöhte Reizsensibilität charakteristisch, welche sich durch die Intensivierung der Informationsaufnahme sowie durch eine Zunahme der Handlungsbereitschaft zeigt. Eine Orientierungsreaktion kann ausgelöst werden durch den Inhalt einer Botschaft und durch formale medienspezifische Gestaltungsfaktoren. Bei Filmberichten können dies auch überraschende Bildeffekte als Folge von Kameraschwenks oder Zooms sein. Ferner berichtet das Forscherteam um Meutsch (1990:36/37) von Studien, die herausfanden, dass die Aufmerksamkeit der Versuchspersonen bei konventionell gestalteten Darstellungsmitteln wie Schnitten, Zooms und Kamerafahrten nachliess. Aufmerksamkeitsfördernde Mittel sind dagegen lebhafte Musik, Toneffekte, ungewöhnliche Stimmen, häufiger Szenenwechsel und visuelle Spezialeffekte. Die Studie der Forscher um Hitchon (1994:300f.) zielt in die gleiche Richtung. Demnach erhöht die gesteigerte Komplexität der formalen Gestaltung (Szenenanzahl, Schnittfrequenz etc.) das Erregungspotenzial und wird im allgemeinen als positiv bewertet. [vergl. hierzu auch: (Gleich:1995:351)]

  

Bilder stellen jedoch nur einen Teil der filmischen Information dar. Sie wirken mit der gesprochenen Information zusammen, wobei Forscher sich immer noch um Klärung bemühen, inwieweit das Zusammenspiel von Bild und Text/Ton das Verstehen und Behalten der Fernsehinformation beeinflußt. Brosius (1998:220fff.) präsentiert mehrere Positionen bezüglich der Wirkungsannahmen von Text und Bild. Demnach achtet der Rezipient verstärkt auf den Nachrichtentext, der wichtige Informationen transportiert. Andere Forscher sind hingegen der Auffassung, die Redundanz zwischen Bild und Text sei für das Behalten der Informationen förderlich, wobei visueller und verbaler Kanal um die Aufmerksamkeit des Rezipienten konkurrieren. [Solche Aussagen stammen etwa von Bock (1990:77) und Meutsch (1990:63f.).] Bei Nichtübereinstimmung zwischen Bild und Ton/ Text werden die Zuschauer durch visuelle Informationen abgelenkt.

 

Ferner bezieht sich Brosius (1998:222) auf eine von ihm und Berry durchgeführte Studie, in der auf der Basis von Tagesschau- Material der Einfluß des Bildes auf die Behaltensleistung untersucht wurde. Die Ergebnisse zeigten, dass nur solche Bilder die Erinnerung positiv beeinflußten, die den Text illustrierten. Unbebilderte Meldungen und Meldungen mit Bild- Text- Scheren führten dagegen zu geringeren Behaltensleistungen. Interessant sind die eben erwähnten Lehrbuchautoren Michel (1969:95), Schult (1993:123) und Plangger (1993:13), die eine entgegengesetzte Auffassung vertreten. Ihrer Ansicht nach kommt dem Text eine bildillustrierende Wirkung zu.

 

Berry (1988:170) schließlich hält sowohl den Text als auch das Bild für gleichermaßen wichtig. Er vergleicht die Text- Bildbeziehung, soll sie effektiv sein, mit einem Pas de deux. Hierbei sei es nicht die Aufgabe der „Tänzer“, Bild und Ton, jeden Schritt des jeweiligen Partners nachzuahmen, sondern ihn bei bestimmten wichtigen Bewegungen zu unterstützen. Wichtig sei hierbei die Unterordnung unter die Struktur des Tanzes. Zusammenfassend stellt Berry (1988:170) fest, dass Bilder sowohl negative als auch positive Wirkung auf die Verarbeitung von Nachrichtentexte haben. Diese Feststellung entspricht der von Brosius (1998:223) geäußerten Auffassung zum aufmerksamkeitsorientierten Ansatz. Dieser geht davon aus, dass die Wirkung von Fernsehbildern in dem Maße zunimmt wie sie Aufmerksamkeit erzeugen. [Diese Aussage korrespondiert wiederum mit den eben vorgestellten Studien, wonach Bilder die Aufmerksamkeit beeinflussen.] Dabei sieht Brosius allerdings die Gefahr, dass die Bilder selbst besser, die Texte dagegen schlechter erinnert werden, weil die Bilder die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Daher gilt als Voraussetzung für eine optimale Verstehens- und Behaltensleistung die Bild- Text- Redundanz, die sowohl Berry (1988:170) als auch Brosius (1998:223) empfehlen. Dies hat nach Brosius einen postitiven Effekt auf die Informationsvermittlung bei Rezipienten, die aus nachrichtlichen Filmberichten „lernen“ wollen. Für jene Zuschauer, die die Nachrichten eher beiläufig sehen, wirkt sich eine Bild- Text- Redundanz dagegen nicht aus.

Die Qualitätsforscher äußern sich nur sehr allgemein bezüglich der Anforderungen an das Bildmaterial. So stammen die hier aufgestellten Kriterien für die Qualitätsbewertung meist aus Lehrbüchern. Ein solches ist das Lehrwerk von Desmond Davis (1974:5f.), welches zeigen will, dass der Fernsehfilm eine Art „Grammatik“ darstellt, auf dessen Grundlage kreativ gearbeitet werden kann. Diese Grammatik ist nach Aussage des Lehrbuchs (Davis:1974:7) ein nützlicher Führer, um Handwerksregeln zu lernen, die sich in der Praxis bewährt haben. Ziel eines jeden Fernsehjournalisten ist eine unmerkliche Kameraarbeit. Je unmerklicher diese handwerklichen Kriterien im Film verwendet werden, desto höher ist die filmische Qualität.  

   
                  

Diskussion der Dimension Vermittlung

4.4.3.1

Verständliche Filmgestaltung:   Die Bild- und Sequenzgestaltung

Beim Genre nachrichtlicher Filmbericht macht die Kontrolle der Einhaltung des Auschließlichkeitsprinzips keinen Sinn  

Göpfert (1993:105) ist der einzige Qualitätsforscher, der sich konkret auf die Eindeutigkeit der Bildaussage als Qualitätskriterium bezieht und im Bilderteppich einen qualitätsmindernden Faktor sieht. Auch nach Lehrbuchautor Sturm (1998:168f.) steht das Bild im Zentrum der Fernsehinformation, zu dessen Qualität unter anderem die Ausschnittsgröße, die Bewegung, der Standpunkt, die Perspektive und verfremdende Elemente beitragen. Da die einzelne Bildaussage laut Sturm die Verständlichkeit und Qualität eines Filmbeitrages bestimmt, kommt der Bildrecherche, der Aufnahme und der Bildbearbeitung größtes Gewicht bei der Filmproduktion zu. Sturms und Appeldorns Aspekte für die Bildqualität sollen hier vorgestellt und erläutert werden.

 

Bezüglich der Bildgestaltung schreibt Appeldorn (1984:47), eine allzu starke Bildkomposition wirke ermüdend, eine überwiegend gleichbleibende dagegen langweilig. Für die Qualität der Bildgestaltung hält Appeldorn (1984:48) eine fehlerfreie Bildgestaltung für unabdingbar. Eine fehlerhafte Bildgestaltung zeigt sich zum Beispiel daran, dass eine Sequenz (aufgrund der Unfähigkeit des Beitragsautors) vom Ideal der unmerklichen Blickführung abweicht. [Vergleiche hierzu: Appeldorn (1984:44f.) und Freyberger (1993:46).]

 

Das Wesen der filmischen Gestaltung liegt nach Sturm (1998:178) in der Einschränkung, sodass nur ein sehr kleiner Teil der Wirklichkeit in einer Einstellung abgebildet werden kann. Der Bildaufbau wird demnach von der handlungsbedingten Bedeutung einer Person/ eines Objektes (z.B. das Messer, mit dem jemand ermordet wurde) und der damit einhergehenden Einstellungsgröße bestimmt. In diesem Zusammenhang hat der Beitragsautor eines Filmberichtes die Aufgabe, nur wichtige Objekte im Bildausschnitt abzulichten. Damit wird das Ausschließlichkeitsprinzip deutlich, das nach Meinung von Plangger (1993:18), Kerstan (1993:24) und Sturm (1998:178f.) zu den wichtigsten Gestaltungsgrundsätzen zählt. Die Bildauswahl, die sich nach dem Ausschließlichkeitsprinzip richtet, führt im Idealfall zu eindeutigen Einzelbildern, die innerhalb einer Sequenz zu einem Aussagekern führen.

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Zur Sequenz: Kerstan (1993:36), der das Sehverhalten mit dem durch die Kamera nachempfunden Sehverhalten vergleicht, stellt als gemeinsames Prinzip die Reizerneuerung fest. Sie erfolgt durch die sich im Bildausschnitt bewegenden Objekte, mittels Kamerafahrten (inklusive des Schwenks) und der Linsenfahrt zur Veränderung des Bildausschnittes (Zoom). Während beim realen Sehen das menschliche Erleben durch Raum und Zeit koordiniert ist, bemüht sich das Bewußtsein beim Sehen eines Filmes, eine synthetische Raumzeit herzustellen, indem es die verschiedenen Einstellungen zu einem neuen Ganzen verknüpft (Kerstan:1993:40). Dies wird auch als induktiver Effekt bezeichnet. Die Eindeutigkeit, die für die Bilder gefordert wird, ist auch für die Sequenzgestaltung nötig. Nach dem Trichterprinzip soll sich die Sequenz zu einem Aussagekern verdichten. [Vergleiche hierzu: (Sturm:1998:182f.), (Kerstan:1993:28), (Plangger:1993:12).].

 

Sturm (1998:165) illustriert die Hinführung zum Aussagekern anhand der vorweg formulierten Kernaussage: „Die Zitrone ist sauer“. Dieser Aussagewunsch bedingt zunächst eine Großaufnahme der Mundpartie, wobei diese zeigt, dass eine Person in eine Zitrone beißt. Die nächste Einstellung sollte Sturm zufolge eine Naheinstellung sein, die das Gesicht der Person zeigt, die wahrscheinlich ihr Gesicht verzerren wird. Dabei haben Kerstan (1993:25) zufolge die Einstellungen angefangen von der „Totalen“, über die „Halbtotale“ bis zur Einstellung „Halbnah“ eine Überblicksfunktion inne. Die Einstellung „Nah“ führt zu einer weiteren Differenzierung der Aussage. Die Großeinstellung enthält schließlich den Aussagekern. Allerdings muß die Absolutheit der Aussage einschränkt werden, denn nach Sturm (1998:182f.) sind diese Funktionsgrößen relativ. Wichtig ist jedoch, dass der Zuschauer anhand der gewählten Einstellungsgrößen die Kernaussage der Sequenz erkennen kann. Diese Kernaussage sollte laut Kerstan (1993:42f.) zugleich den Sequenz- Höhepunkt darstellen und sich in ihrer Mitte befinden. Demzufolge sind zur Hinführung auf den Aussagekern einer Sequenz mindestens drei Einstellungen notwendig: eine orientierende, eine differenzierende und eine den Aussagekern enthaltende Einstellung. Kerstan (1993:43) hält im Anschluss an diese Einstellungsabfolge darüber hinaus „entspannungsbringende“ Einstellungen für notwendig. Zudem fordert Plangger (1993:13) nach solch einem Sequenzende eine drei- bis viersekündige Pause, damit der Zuschauer über die Sequenzaussage nachdenken kann.

 

Des Weiteren sind allgemeine Regeln zum Bildaufbau zu beachten. So fordern Plangger als auch Kerstan einen unauffälligen, natürlichen Bildaufbau, damit extreme Bildeinstellungen entsprechend wirken. Hierzu zählt die Aufnahme von Personen und Personengruppen. Als wichtig erachten Davis (1974:27) und Freyberger (1993:46fff.) bei der fehlerfreien Bildgestaltung das Anschneiden des Kopfes bzw. der Kinnpartie bei Großaufnahmen. Ferner soll bei Nahaufnahmen der Kopf nicht den Bildrahmen berühren. Wichtig ist auch die Einhaltung des einmal eingenommenen Blickwinkels bei Porträtaufnahmen. Personengruppen sollten wegen der kleinen Fläche mehr in der Tiefe denn in der Breite arrangiert werden (Freyberger:1993:48), (Davis:1974:30). Bei großen Menschenansammlungen ist dagegen das Anschneiden von Personen unvermeidlich. Es kann auch als Trick eingesetzt werden, um größere Menschenmengen vorzutäuschen.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Ebenso wichtig für die Bildsprache ist die Kameraperspektive, wobei nach Mehnert (1971:72) jeder visuelle Standpunkt einem seelischen Standpunkt entspricht. Die Perspektivwahl ergibt sich demnach aus der Notwendigkeit der Aussageintention (Mehnert:1971:36). So deuten Aufnahmen in der Schrägperspektive die Gefahr der Lüge und Hinterlist an. Mehnert (1971:73) verweist in diesem Kontext auf den Spielfilm „Das kalte Herz“ (Paul Verhoeven/ Bruno Mundi:1950). Ungewöhnliche Perspektiven müssen laut Mehnert (1971:75/77) dramaturgisch begründet sein. Hierbei bezieht sich Mehnert beispielsweise auf die Froschperspektive. Sie sei hierbei ein Standpunkt des Unterlegenen, die der Aufsicht eigne sich hingegen für den Standpunkt des Überlegenen.

 

Unter Abschnitt 4.4.1 („Definition und Diskussion der Dimension Vermittlung unter besonderer Berücksichtigung der Visualität“) wurde bereits hinsichtlich der Visualität der Fernsehnachrichten auf die Bedeutung des einzelnen Bildes für die Verständlichkeit des darzustellenden Sachverhaltes eingegangen. Bilder fungieren als illustrierendes Element des Nachrichtenfilms – das gilt auch bei schwer darstellbaren Sachverhalten. Als sinnvoll erachten daher Wember (1976:151), Wittwen (1995:129), Müller (1993:240) und Sturm (1998:110) den Einsatz von grafischen Darstellungen, die abstrakte Vorgänge für den Zuschauer nachvollziehbar machen. So gibt es nach Sturm hervorragende Beispiele von „ernsthaften“ Computerfilmen mit wissenschaftlichem Charakter, zum Beispiel, um den Flug einer Weltraumsonde dicht am Kern eines Kometen nachzuzeichnen, wie man ihn in der Realität niemals zu sehen bekäme. Sie sind jedoch nach Aussage von Sturm (1998:1110) und Wittwen (1995:129) sparsam einzusetzen.  

 

Fazit für die Bewertung der verständlichen Bildgestaltung

Zusammenfassend läßt sich festhalten, dass das wichtigste Prinzip für die verständliche Bildgestaltung das Ausschließlichkeitsprinzip ist. Die wichtigste Funktion der Sequenz ist die Hinführung zu einer vorher vom Journalisten bestimmten Kernaussage.

 

Inwieweit ist dies jedoch im Rahmen ein- bis dreiminütiger Filmberichte leistbar, die zudem ritualisierte politische Standardereignisse visualisieren müssen? Diese Frage stellte sich der Autorin bei den ersten analytischen Beobachtungen nachrichtlicher Filmberichte im Fernsehen. So konnte beobachtet werden, dass einige Filmberichte sehr viele Bilder aufwiesen, zu denen der Text keine unmittelbare Beziehung aufwies, was im Allgemeinen als „Text- Bild- Schere“ bezeichnet wird. Die Zweifel an der „Eindeutigkeit der Bildaussage“ der Aufnahmen eines nachrichtlichen Filmberichtes erhielten weiteren Auftrieb durch die Analyse von Bruns (1997:270). Dieser hatte festgestellt, dass die Einstellungsgrößen „Panorama, Totale, Halbtotale“ mit 41,3 Prozent (1986) bzw. 49,5 Prozent (1994) den höchsten Anteil der Einstellungsgrößen bei Nachrichtenfilmen repräsentieren. Die zweithäufigste Einstellungsgröße bei Nachrichtenfilmen sind Nah- und Großaufnahmen mit einem Anteil von 35,1 Prozent (1986) bzw. 30,1 Prozent (1994).

   

Am dritthäufigsten kommen mit 22,5 Prozent (1986) bzw. 19,3 (1994) Prozent halbnahe und amerikanische Einstellungen vor. In diesem Zusammenhang nennt Bruns (1997:271) zwei Beispiele für die Berichterstattung bei Konferenzen, Besuchen und ähnlichen ritualisierten Ereignissen. Im Falle der Berichterstattung über eine Pressekonferenz nutzen ARD, ZDF, SAT 1, und RTL einen gleichmäßigen Wechsel von Groß- bzw. Nahaufnahmen zur Ablichtung der Sprecher mit Halbtotalen, die das Podium abbilden. Auch den „aktionsorientierten“ Filmen, die über das Hochwasser im Jahr 1994 berichten, attestiert Bruns (1997:272) eine Konzentration auf zwei Einstellungsgrößen, die Halbtotale und Totale.

 

Bruns Analyse, die die Beschränkung auf einige wenige Einstellungen ermittelt, bekräftigte die eingangs geäußerten Zweifel, in Nachrichtenfilmen käme das Ausschließlichkeitsprinzip zum Tragen. Um in diesem Hinblick größere Klarheit zu bekommen, analysierte die Autorin die bereits erwähnten fünf Filmbeiträge, die sie am 5. und 6. Januar 2000 aufgezeichnet hatte [Vergleiche dazu Abschnitt 6.2.] Drei der Beiträge handeln von den Auftakts- Tagungen deutscher Parteien und sind somit „politische Standardereignisse“, die es zu inszenieren gilt. Daneben wurden zwei Beiträge untersucht, die sich mit einem Zugunglück nahe des norwegischen Ortes Asta beschäftigen und nach Bruns´ (1997:260f.) Definition der „aktionsorientierten“ Berichterstattung zuzurechnen sind. Es wurde bei der Analyse der Filmberichte deutlich, dass keine der in den fünf Nachrichtenfilmen enthaltene „Sequenz“ den eben skizzierten Ansprüchen der Lehrbuchautoren gerecht werden konnte.

 

Das zeigt beispielsweise der hier exemplarisch diskutierte Beitragsbeginn von Britta Spiekermann (ZDF), der aufgrund seines Themas (Zugunglück in Norwegen) nicht die typische Standbebilderung (Wechsel vornehmlich zwischen zwei Einstellungsgrößen) aufzuweisen sollte.

 

Zu Beginn präsentiert der Film die Einstellungen Totale, Halbtotale, Halbnah, wobei dem Zuschauer zunächst die Frontansicht des weiter entfernt scheinenden Zuges gezeigt wird. Kurz darauf sieht er in näherer Entfernung dampfende Wrackteile, darauf in noch geringerem Abstand zwei Bergungshelfer inmitten dieser Wrackteile. Was bekommen diese zu sehen? Welche Kernaussage beinhaltet diese Sequenz? Das bleibt dem Zuschauer verborgen, denn schon die nächste Einstellung zeigt einen andern ausgebrannten Waggon, ebenfalls wieder in der Einstellung „Halbnah“. Während dieser vierten Einstellung äußert sich die Sprecherin zu vermissten Schulkindern, ohne sich jedoch auf die Bildinformation zu beziehen. Den ersten drei Einstellungen kommt die Aufgabe zu, den Zuschauer visuell näher an die Unglücksstelle heranzuführen. Die durch die ersten drei Einstellungen begonnene Hinführung auf einen inhaltlichen Aussagekern wird jedoch von der vierten Einstellung jäh abgebrochen. Ebenso lassen die nachfolgenden Einstellungen, betrachtet man sie, ohne den auditiven Kanal zu nutzen, wiederum nur die Feststellung zu, dass zwei Züge verunglückt sind, teilweise noch brennen und sich mehrere Personen an der Unglücksstelle aufhalten. Eine Hinführung zum Aussagekern im Sinne des von Sturms (1998:165) illustrierten Aussagekerns „die Zitrone ist sauer“ ist im gesamten Filmbeitrag von Britta Spiekermann nicht feststellbar.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Von ähnlicher Machart ist auch der in den SAT 1 Nachrichten gezeigte Beitrag zum Zugunglück in Norwegen. (Beitragsautoren: Mick Locher/ Jörg Rositzke) Wiederum wurden aneinandergereihte Einstellungen zu einem Ganzen zusammengefügt. Die auf Video aufgezeichneten Filmberichte gleichen in ihrer Machart den eben beschriebenen Beiträgen. Der Effekt, der sich aus Minimalsequenzen, dem weitgehenden Verzicht auf Kamera- und Linsenfahrt sowie den harten Schnitten einstellt, läßt sich mit einem Schlagwort zusammenfassen: Akustisch begleitete Fotografie mit bewegtem Bildinhalt.

 

Da die Sequenzen, die in nachrichtlichen Filmberichten vorkommen, nicht dem geforderten Standard entsprechen, ist die sequenzbezogene Forderung nach „Hinführung auf einen Aussagekern“ auch nicht als Qualitätsindikator in den Codierbogen aufzunehmen. Damit verbleibt als potenzieller Qualitätsindikator die „Eindeutigkeit/ Ausschließlichkeit des einzelnen Bildes“. Die gewählten Einstellungen des SAT 1 Beitrages als auch des ZDF Beitrages sind nicht wirklich falsch, korrespondieren sie doch meist mittelbar mit dem Text. [Vergleiche hierzu den Beginn des ZDF- Beitrags von Britta Spiekermann 6] Die von den Beitragsautoren gewählten Einstellungsgrößen entsprechen jedoch meist nicht einer in diesem Filmkontext „ausschließlich“ angebrachten Einstellungsgröße. Angesichts der aneinandergereihten Minimalsequenzen und der Routineberichterstattung ist es belanglos, ob die Politikerin Merkel (vergleiche hierzu den RTL-Beitrag von Edgar Berger) oder der Politiker Rühe auf ihrem Weg durch den Tagungsraum in der Totalen, Halbtotalen, oder Halbnah gezeigt werden, weil es dem Autor in diesem Fall scheinbar nur darum geht, die Personen zwecks Text- Bild Korrespondenz auf Zelluloid zu bannen.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Gemäß der eben erfolgten Diskussion zur Perspektivwahl sollten auch diese dem Ausschließlichkeitsprinzip verpflichtet sein. Bruns´ (1997:276) Analyse der in Filmberichten verwendeten Kameraperspektiven zeigt, dass in dieser Hinsicht das Genre „Nachrichtenfilm“ wohl kaum von künstlerischen Erwägungen oder der Frage nach Einhaltung des Ausschließlichkeitsprinzips geprägt ist. Hier dominierte, wenn auch mit rückläufiger Tendenz im Jahresverlauf von 1986 bis 1994, die Normalsicht mit einem Anteil von 84,8 (1986) bzw. 67,6 (1994) Prozent. Auch dies wertet die Autorin dieser Arbeit als Anzeichen dafür, dass in Nachrichtenfilmen die Einstellungsgröße und -perspektive nur bedingt der handlungsimmanenten Bedeutung entspricht. Daraus folgt, dass – bezogen auf das Genre  nachrichtlicher Filmbericht – die Kontrolle bezüglich der Einhaltung des Auschließlichkeitsprinzip sinnlos ist.

 

 

Zum Einsatz von Trickfilm: Während der Beobachtungsphase konnten fast täglich Beispiele für den Einsatz von Computergrafiken in den Abend- und Spätnachrichten der Fernsehanbieter ARD, ZDF, RTL, PRO 7, und SAT 1 festgestellt werden. Durchgängig wurde bei allen Sendern am 5. Januar 2000 die Arbeitsmarktsituation grafisch dargestellt. Standardmäßig werden auch die Börsenkurse grafisch präsentiert. Daneben kommen regelmäßig Landkarten zur Illustration der Ortslage zum Einsatz, so auch im SAT 1 Beitrag vom 5. Januar 2000. Hier zeigt eine Landkarte die Lage des Unglücksortes „Asta“.

 

In diesem SAT. 1 Beitrag illustriert eine computeranimierte Grafik, wie die zwei Züge ausgehend vom norwegischen Ort Rustad aufeinander zu rasen. Ebenso enthält ein bei „RTL- aktuell“ am 11. November 1999 gezeigter Beitrag eine computeranimierte Sequenz, die das Flugverhalten der ins Trudeln geratenen Unglücksmaschine „Egyptair“ nachstellt . Ein Beispiel vom 14. Januar 2000 ist der „heute“- Beitrag (ZDF) von Susanne Helmbold. Dieser Beitrag über neue Behandlungsmethoden bei Bandscheibenvorfällen enthält eine animierte Computergrafik, welche die Wirkung eines schmerz- und entzündungshemmenden Wirkstoffes illustriert, der aus dem Blutserum des Patienten gewonnen wird.

 

Die Forderung nach grafischer Illustration schwer darstellbarer Sachverhalte, die eingangs von den Lehrbuchautoren gefordert wurde, bleibt beim Genre „nachrichtlicher Filmbericht“ nicht „bloße Theorie“. Daher macht eine Codierung dieses Sachverhaltes Sinn. Zur qualitativen Bewertung einer verständlichen Bild- und Sequenzgestaltung verbleibt folglich als einziger Qualitätsindikator der Einsatz von (animierten ) Grafiken und Landkarten im nachrichtlichen Filmbericht.  

Verständliche Filmgestaltung:    Die Bild- und Sequenzgestaltung

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Einsatz einer/ mehrerer (animierter) Grafiken oder Landkarten zur Visualisierung schwer darstellbarer Sachverhalte

 

 

Diskussion der Dimension Vermittlung  

4.4.3.2

Verständliche Filmgestaltung:   Kameraarbeit/ Schnitt

Kameraarbeit und Schnitt sollen dem Ausschließlichkeitsprinzip genügen und innerhalb einer Sequenz zum Aussagekern führen

Die wichtigste Regel des Filmschnitts ist die Beachtung der Folgerichtigkeit, was sich zum Beispiel am Umschnitt und der Einhaltung der Achsenverhältnisse zeigt

Die technisch/handwerkliche Qualität von Kameraarbeit und Schnitt wird aus mehreren Gründen in dieser Arbeit nicht gemessen

Wie unter Abschnitt 4.4.1 kurz erläutert, haben die Kameraarbeit und der Schnitt einen wichtigen Anteil an der technisch- handwerklichen Qualität eines Bildes. Zur Kameraarbeit gehören neben der Wahl der Einstellungsgröße, auf die eben bereits eingegangen wurde, der korrekte Umgang mit den Kamerabewegungen und die Schnittgestaltung (Faulstich:1994:58). Dem von Albers (1992:64/68) aufgegriffenen Qualitätsziel gemäß, jede Einstellung solle vom Wissen um die Regeln der „Komposition“ eines Filmes zeugen, demonstrieren Mehnert (1971:59/135), Kerstan (1993:38) und Davis (1974:35f.) den Studenten all jene Tricks, die zur Beherrschung der „filmischen Grammatik“ notwendig sind. Wie vorhin bei der Diskussion von Einstellungs- und Perspektivwahl erläutert, sollen auch die Kameraarbeit und der Schnitt dem Ausschließlichkeitsprinzip genügen (Kameraarbeit und Schnitt sollen der Bedeutsamkeit der abgelichteten Person bzw. des abgelichteten Objektes entsprechen) und innerhalb einer Sequenz zum Aussagekern führen.

 

An dieser Stelle seien deshalb die wichtigsten Regeln zur Kameraarbeit erläutert: Nach Mehnert (1971:84) dienen Kamerafahrten unter anderem dazu, Raumtiefe vorzutäuschen und den Zuschauer (ähnlich dem Zoom) näher an das Geschehen heran zu führen. Unablässige Kamerabewegungen (beispielsweise durch eine Kamerafahrt oder einen Kameraschwenk verursacht) sollten vermieden (Davis:1974:37) und nur in dramaturgisch sinnvollen Situationen verwendet werden (Mehnert:1971:87). Ein Film- oder Fernsehjournalist sollte darüber hinaus über die Funktion langsamer und zügiger Kamerabewegungen Bescheid wissen. Langsame Schwenks und Kamerafahrten sind im Allgemeinen beschreibender und erklärender Natur. Meist ermöglichen sie dem Zuschauer Orientierung bezüglich des Geschehens. Dabei verbinden langsame Schwenks zwei Einstellungen, die räumlich weit voneinander getrennt sind (Kerstan:1993:38). Ferner haben sie haben aufgrund ihres suchenden, abtastenden Charakters die Aufgabe, zeitliches Geschehen sichtbar zu machen (Mehnert:1971:88f.). In seltenen Fällen haben ganz langsame Kamerabewegungen auch dramatisierende Funktion (Mehnert:1971:86). So werden ganz langsame Fahrten in Filmen dazu eingesetzt, Personen und ihre Motivationen in aller Heimlichkeit zu beobachten und zu belauschen. Ferner dienen sehr langsame Kamerabewegungen nach Mehnert (1971:86) dazu, „lyrische Stimmungen“ zu vertiefen. Im Gegensatz dazu tragen schnelle Kamerabewegungen zum Augenkitzel bei. Sie wollen dramatisieren und Überraschendes präsentieren (Mehnert:1971:86). Bezüglich der Kameraarbeit der Fernsehnachrichten konnte Bruns (1997:281f.) keine signifikante Erhöhung des Augenkitzels in Nachrichtenfilmen feststellen. Nach Bruns Analyse´ zählen der Schwenk und der Zoom zu den am häufigsten eingesetzten Kamerabewegungen.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Das oberste Gebot beim Schnitt und bei Blenden ist Folgerichtigkeit. Schnitte und Blenden sind gleichwertig, wobei beide Mittel eine spezifische Bedeutung innerhalb eines Filmes haben (Sturm:1998:241), (Davis:1974:20). Die realen Vorgänge soll die Kamera so nachvollziehen, dass sie als optische Information verständlich werden, da die Einzeleinstellungen Raum und Zeit nur unvollkommen wiedergeben. Dementsprechend müssen Schnitte und Blenden in raumzeitlicher Hinsicht sinnvoll geschnitten sein. [Vergleiche hierzu: (Ehrenstein:1993:54f.), (Heussen:1997:377), (Sturm:1998:241)].

 

Ein Schnitt wird vorzugsweise eingesetzt, um einen Zeit- oder Ortswechel anzuzeigen. Ferner dient der Schnitt zur Aufzählung (durch einzelne Bilder mit plakativem Bildinhalt), wobei gegensätzliche Inhalte (Festtagstafel/ Reichtum  – eine Hand Reis/ Armut) Kontraste sichtbar machen (Appeldorn:1984:37).

 

Ähnlich verwendet wird die Blende; bei ihr soll durch den weichen Übergang angedeutet werden, dass die Situation, aus der die Kamera ausblendet, für die dargestellten Personen noch eine Weile währt. Weiterhin dienen Überblendungen zur Sichtbarmachung der Gleichzeitigkeit zwei parallel ablaufender Vorgänge. [Vergleiche hierzu: (Davis:1974:19), (Appeldorn:1984:36f.).]

 

Zur Folgerichtigkeit trägt ein Schnitt bei, der gemäß des Trichterprinzips die Einstellungsgrößen stufenweise reduziert, da sich sonst Bildsprünge ergeben. Ist dies nicht möglich, muss mit Zwischenschnitten gearbeitet werden. [Vergleiche hierzu: (Davis:1974:21), (Sturm:1998:119), (Ehrenstein:1993:55).] Dem Gebot der Folgerichtigkeit entspricht auch die Regel, dass bei Umschnitten die inneren Bewegungen (Bewegungen verursacht durch sich bewegende Objekte innerhalb des dargestellten Bildausschnittes) und äußeren Bewegungen (Kamerafahrten, Kameraschwenks, Zooms) nicht unterbrochen werden und die einmal gewählte Achse beibehalten wird. [Vergleiche hierzu: (Sturm:1998:223/ 241), (Davis:1974:18), (Ehrenstein:1993:57/61).] Auch hier muss jede Bewegung für den Zuschauer verständlich sein und ihren Anfang und Ende haben. Imaginäre Linien und Punkte sind für exakte, nachvollziehbare Schnitte wichtig. Achsensprünge sind demnach, außer sie werden als dramaturgisches Stilmittel eingesetzt, zu vermeiden. [Vergleiche hierzu: (Mehnert:1971:80ff.), (Faulstich:1994:60), (Davis:1974:18f./38f/43f.).]

 

Auch die Schnelligkeit des Schnittes steht nach Ansicht Kerstans (1993:36) und anderer Medienpraktiker (zum Beispiel Wember (1976:22), Goertz (1996:204) und Straßner (1982:241) im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verständlichkeit. Der Schnitt entspricht Kerstan zufolge dem Blickwechsel der Realität, wobei die Häufigkeit des Blickwechsels mit dem Erregungszustand korrespondiert. Bei innerer und äußerer Ruhe verweilt der Betrachter länger auf dem Objekt als im Falle innerer Unruhe. Die eben genannten Medienpraktiker Wember und Goertz gehen auch aus einem weiteren Grund davon aus, dass schnelle Bildfolgen der Verständlichkeit abkömmlich sind. Laut Kerstan (1993:35) braucht der Zuschauer bis zur vollständigen Realisation eines Bildinhaltes sechs Sekunden. Straßner (1982:241) vertritt die Ansicht, dass Einstellungen im Bereich von 2 bis 5 Sekunden nicht vollständig durchgemustert werden können.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

Daraus ergibt sich die Forderung, dass dem Zuschauer eine angemessene Betrachtungszeit des einzelnen Bildes gewährt werden muss, wobei die eben genannten Medienpraktiker keine konkreten Zeiten für die Einstellungsdauer vorgeben. [Vergleiche hierzu: (Kerstan:1993:34f.), (Sturm:1998:176), (Mehnert:1971:387).] Als Faustregel empfehlen sie jedoch, eine detailreiche Einstellung (z.B. Totale) länger zu zeigen, als eine Einstellung mit wenigen Details.

 

Bruns (1997:266), der die Struktur der Nachrichtenfilme analysierte, verglich die Einstellungslänge bei Beiträgen der öffentlich- rechtlichen Sender ARD und ZDF mit denen der privaten Anbieter (RTL und SAT 1). Im Falle der Berichterstattung vom Hochwasser im Frühjahr 1994 klassifiziert Bruns (1997:260f.) diese als „aktionsorientierte“ Beiträge. Laut Bruns (1997:268) unterscheiden sich die aktionsorientierten Filme beider Privatsender deutlich von denen der öffentlich-rechtlichen Sender. So wies der SAT 1– Beitrag wesentlich kürzere Einstellungen auf als der bei der ARD ausgestrahlte nachrichtliche Filmbericht. Insgesamt kann Bruns (1997:266) jedoch im Verlauf der Jahre von 1986 bis 1994 keine strukturellen Veränderungen der Nachrichtenfilme feststellen. Im Durchschnitt enthielt jede Filmminute 10,4 Schnitte im Jahr 1986 und 10,1 Schnitte im Jahr 1994. Der prozentual größte Anteil der Einstellungen in Nachrichtenfilmen entfällt mit einem Anteil von rund 47 Prozent im Jahr 1994 laut Bruns (1997:264) auf Einstellungen im Bereich von 3 bis 5 Sekunden, gefolgt von sechs- bis zehnsekündigen Einstellungen, welche zu 34 Prozent in Nachrichtenfilmen genutzt werden. Angesichts des Rückgangs jener Einstellungen, die bis zu 2 Sekunden dauern, sieht Bruns (1997:264) den Eindruck bestätigt, Nachrichtenfilme seien eher langsamer geworden. Aufgrund des eingangs festgestellten Zusammenhanges von Einstellungsdauer und Verständlichkeit müssten Nachrichtenfilme somit verständlicher geworden sein.  

Fazit für die Bewertung der verständlichen Kameraarbeit und Schnittgestaltung

Nach den eben dargestellten Regeln zur Kameraarbeit sollen Schwenks und Kamerafahrten bei sämtlichen Arten des Films (Spielfilm, Dokumentarfilm, Film- bzw. Fernsehreportage) gemäß der vom Beitragsautor intendierten erklärenden oder dramatisierenden Wirkung eingesetzt werden. Dies gilt selbstverständlich auch für nachrichtliche Filmberichte, bei denen der Schwenk und der Zoom zu den am häufigsten einsetzten Mitteln zählt (Bruns:1997:281f.).

Hier stellt sich jedoch die Frage, wie diese Forderung in einen Qualitätsindikator umgewandelt werden könnte. Hierbei ist wieder auf die aufgezeichneten fünf Nachrichtenbeiträge zurückzugreifen (vergleiche Abschnitt 6.2 / Dokumentationsbeispiele für die Argumentation). Die Schwenks und Kamerafahrten beim SAT 1. Beitrag von Mick Locher und Jörg Rositzke haben ausnahmslos eine erklärende Überblicksfunktion. Dies gilt auch für die im ZDF, bei Pro 7 und bei der ARD ausgestrahlten Beiträge.

Beim RTL- Beitrag verbindet sowohl der Schwenk zu Beginn des Films als auch der Schwenk zwischen den beiden Politikern zwei entfernt auseinanderliegende Punkte. Ferner werden Schwenks in diesem Beitrag dazu verwendet, um eine Einstellung „ausklingen“ zu lassen, indem sie dem Zuschauer ermöglichen, den Politkern Kohl und Westerwelle nachzublicken.

Hier stellt sich jedoch heraus, dass ein Qualitätsindikator bezüglich des korrekten Einsatzes von Schwenks hinfällig ist. Zum einen wurden alle Schwenks sachgemäß eingesetzt; zum anderen unterliegen alle zu sendenden Filmbeiträge, beispielsweise beim Sender RTL, laut Huh (1996:52) einer finalen Kontrolle durch einen Nachrichtenredakteur. Dieser prüft die nachrichtlichen Filmberichte auf eine für die Ausstrahlung ausreichende technische Qualität. Gleiches berichtet auch Anja Sauer (1997:23) bezüglich ihrer Erfahrungen beim WDR-Magazin „Aktuelle Stunde“. Vermutlich trägt diese Kontrolle zum qualitativ guten technischen Standard der von der Autorin beobachteten nachrichtlichen Filmberichte bei. So konnten weder Bild-, noch Achsensprünge entdeckt werden. Ebenso widersprach keiner der Schnitte im groben Maß der Folgerichtigkeit. Damit erübrigt sich die qualitative Bewertung der technisch- handwerklichen Kriterien zur Kameraarbeit und Schnittgestaltung.

Die eben dargestellte Diskussion zeigte zum einen die Bedeutung der Einstellungslänge für die Verständlichkeit; zum anderen wurde aber auch deutlich, dass es beim Genre Nachrichtenfilm bzw. beim nachrichtlichen Filmbericht bestimmte Konventionen bezüglich der Schnittanzahl pro Filmminute gibt. Damit wird für das Genre „nachrichtlicher Filmbericht“ in dieser Arbeit auch eine Bewertung der Einstellungslänge hinfällig.


                  

 

 

 

Diskussion der Dimension Vermittlung  

4.4.3.3

Verständliche Filmgestaltung: Korrespondenz des Textes mit dem Bild/ bzw. der Grafik

Das Problem mangelhafter Korrespondenz des visuellen mit dem auditiven Kanal (Text- Bild- Schere/ Text- Bild Differenz) wurde bereits unter Abschnitt 4.4.3 und Abschnitt 4.4.3.1 angesprochen. Jedoch herrschte zumindest in den achtziger Jahren bei den Redakteuren der „Tagesschau“ Skepsis gegenüber den Möglichkeiten, vorhandene Filme klar, passend und sinnvoll zu texten, was unter anderem mit dem engen Produktions- Zeitrahmen begründet wurde (Straßner:1982:59). Dennoch zeigen die Ausführungen von Huh (1996:56/209) und Hickethier (1997:5f.) die Anstrengungen der Nachrichtenredaktionen, um größere Differenzen zwischen Wort und Bild zu vermeiden. Huh berichtet in diesem Zusammenhang von den jeweiligen Schlusskonferenzen bei „RTL- aktuell“ und der „Tageschau“, in denen unter anderem regelmäßig Kritik an der Bildauswahl und den Text- Bild- Scheren geübt wurde.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

   

Bild- Text- Scheren sind spätestens seit Wember (1976:121f.) ein immer wieder genanntes Qualitätsmanko, welches durchgängig in den vorliegenden Lehrbüchern und Fachaufsätzen thematisiert wird. [Vergleiche hierzu: (Berry:1988:170), (Sturm:1998:226), (Schult:1993:128f.), (Fang:1980:21), (Davis:1974:58), (Schreitmüller:1990:184), (Heussen:1997:377).] Dabei macht es nach Sturm (1998:109) keinen Unterschied, ob es sich auf visueller Ebene um ein Kamerabild oder eine Grafik handelt.

 

Auch für die grafische Bildsprache ist es nach Meinung Sturms unumgänglich, sich mit der Textinformation zu einer Informationseinheit zu verbinden. Ferner fordern Plangger (1993:15), Sturm (1998:226) und Wember (1976:149) eine Filmstruktur, die Pausen aufweist. Dies sollte sich etwa anhand einer drei- bis viersekündigen Pause zum jeweiligen Sequenzende zeigen. Unter Abschnitt 4.4.3.1 (Seite 148) wurde bereits darauf eingegangen, dass diese Forderungen angesichts der Konventionen bei nachrichtlichen Filmsequenzen nur äußerst selten erfüllt werden. Da das Genre Nachrichtenfilm keine Sequenzen enthält, wie sie etwa in einer Fernsehreportage verwendet werden und es daher im nachrichtlichen Filmbericht auch keine 3-bis 4sekündigen Pausen am jeweiligen Sequenzende geben kann, erübrigt sich die Aufstellung des Qualitätsindikators „Die im Filmbericht verwendeten Sequenzen weisen zum Ende jeweils eine 3- bis 4sekündige Pause auf“.

 

Die Empfehlung, am Beitragsende das Schlussbild zehn Sekunden stehen zu lassen, findet nach den Beobachtungen der Autorin dieser Arbeit bei den im Nachrichtenbereich tätigen Fernsehjournalisten kein Gehör. So endet zum Beispiel der Beitrag von SAT 1 und des ZDF vom  5. Januar 2000 (vergleiche Abschnitt 6.2 ) unmittelbar nach Verklingen des Sprechertextes. Dieses Phänomen zeigt sich durchweg auch bei den Beiträgen anderer Nachrichtenanbieter. Da das Genre „nachrichtlicher Filmbericht“ die Forderung, dass Schlussbild solle zirka zehn Sekunden stehen bleiben, durchgängig missachtet, macht es keinen Sinn, einen Indikator wie zum Beispiel „ Schlussbild bleibt 10 Sekunden stehen“, aufzustellen.

Fazit für die Bewertung der Korrespondenz des Textes mit dem Bild/ bzw. der Grafik  

Aus der eben erfolgten Diskussion sollte deutlich geworden sein, dass die Text- Bild- Korrespondenz einen allgemein anerkannten Qualitätsstandard darstellt. Dies gilt auch für die nachrichtlichen Filmberichte. Bei den beobachteten Filmberichten während der Konzeptionsphase dieser Arbeit konnten in fast jedem Beitrag ein oder mehrere Text- Bild- Differenzen bzw. – Scheren festgestellt werden.

 

Dabei wird eine Bild- Text- Differenz wie folgt definiert: Eine Bild- Text- Differenz ist gekennzeichnet durch das Nichtvorhandensein eines unmittelbaren Text- Bildbezuges, wobei der Zuschauer noch einen mittelbaren Zusammenhang zwischen Text und Bild ausmachen kann. Währt diese Text- Bild- Differenz länger als 6 Sekunden, wird von einer Text- Bild- Schere gesprochen.

 

Diskussion der Dimension Vermittlung

 

 

Die beobachteten Text- Bild- Differenzen und Text- Bild- Scheren wurden nach Transkription der fünf nachrichtlichen Filmberichte in den Skripten als „DIFFERENZ“ oder „SCHERE“ vermerkt. [Vergleiche hierzu Abschnitt 6.2: Dokumentationsbeispiele für die Argumentation.]

 

Bei der Analyse von Britta Spiekermanns Beitrag zum Zugunglück in Norwegen unter Abschnitt 4.4.3 wurde bereits die erste Bild- Text – Differenz des Beitrags angesprochen. Diese ergibt sich aus dem Text, der ohne unmittelbaren Bildbezug davon spricht, dass 100 Schulkinder vermisst werden. Als Bild- Text- Differenz muss auch jene Einstellungsfolge des Filmberichtes gewertet werden, in der der Filmtext sich zu den vermuteten Ursachen des Unglücks äußert, während der visuelle Kanal dem Zuschauer Luftbilder des Unglückszuges präsentiert. Dank des Einsatzes der Computergrafik korrespondieren die Bilder des SAT 1 Beitrages (vergleiche Abschnitt 6.2) mit dem Text, der sich ebenfalls zu den vermuteten Unglücksursachen äußert. Ein weiteres Beispiel für eine Text- Bild- Differenz findet sich beim Pro7 – Beitrag zu den Tagungen von CDU, CSU und FDP vom 6. Januar 2000 zu Beginn des Beitrages (Dokumentationsbeispiel für die Argumentation // 6.2). Hier wird das Dach des Tagungsgebäudes präsentiert, während der Sprecher vom Unwillen der CSU spricht, sich mit Kohls Spendenaffäre zu beschäftigen.

 

Für die Qualitätsbewertung sollte folgendes deutlich geworden sein: Eine Text- Bild- Differenz bzw. eine Text- Bild- Schere entspricht einem Qualitätsmanko und sollte daher in einem nachrichtlichen Filmbericht möglichst nicht vorkommen. Umgekehrt gilt: Je weniger Text- Bild- Differenzen ein Beitrag aufweist, desto höher ist die Qualität der Bild- Text – Korrespondenz. Es ist aber aufgrund des nachrichtlichen Genres (und der damit verbundenen häufigen Politikberichterstattung) davon auszugehen, dass sich Text-- Bild- Differenzen nicht völlig vermeiden lassen. Zur Kürzung von Politikerreden sind Zwischenschnitte (etwa in Form von wartenden Journalisten) notwendig, was sich beispielsweise bei den Beiträgen von Lars Schröder/ Achim Unser (Pro7), Edgar Berger (RTL) und Claudia Buckenmaier (ARD) zeigt. [Vergleiche hierzu die unter Abschnitt 6.2 abgehefteten Skripte.]

 

Daher wird bei der Bewertung folgendermaßen verfahren: Text- Bild Differenzen, die nicht länger als 6 Sekunden währen, werden aufgrund des Genres „nachrichtlicher Filmbericht“ toleriert und fallen bei der Qualitätsbewertung nicht ins Gewicht. Diese von der Autorin festgelegte Zeitspanne dürfte ausreichen, um „notwendige“ Zwischenschnitte zu tätigen. Innerhalb dieser Zeitspanne sollte der Sprechertext auch wieder zur Bildebene zurückfinden. Der aufgestellte Qualitätsindikator für die Korrespondenz des Textes mit dem Bild/ der Grafik lautet: „Pro angefangener 120 Sekunden gibt es maximal 1 Bild- Text- Schere“ (Dies entspricht einer Bild- Text- Differenz, die länger als 6 Sekunden dauert). Mit diesem Bewertungsmaßstab wird sicherlich ein großzügiger Rahmen für die Bild- Text- Korrespondenz gesetzt.

Diese großzügige Wertung trägt aber dem Umstand Rechnung, dass nachrichtliche Filmberichte, anders als (politische) Fernsehreportagen oder Dokumentarfilme, meist in aller Eile produziert sein müssen und darüber hinaus noch über visuell „uninteressante“ Thematiken, wie etwa Tagungen und Bundestagsdebatten berichten. Bei (politischen) Fernsehreportagen oder Dokumentarfilmen sollte ein strengerer Qualitätsmaßstab für die Bild- Text- Korrespondenz angesetzt werden.

 

Wie oben bereits gesagt, entfallen die Forderungen nach einem langen Schlußbild und drei- bis viersekündigen Pausen am Sequenzende ebenfalls als Indikator der Filmqualität, weil sie aufgrund der Struktur der nachrichtlichen Beiträge in der Praxis durchweg nicht verwendet werden.

Zur verständlichkeitsfördernden Bild- Text- Korrespondenz: Indikator(en)

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Pro angefangener 120 Sekunden gibt es maximal 1 Text- Bild- Schere (Text- Bild- Differenzen über 6 Sekunden) 

 

 

Diskussion der Dimension Vermittlung  

4.4.3.4

Verständliche Filmgestaltung:  

Zusammenspiel von Filmtext /O-Töne & Bild/ Grafik bei Redeausschnitten

Nach Buchwald (1993:275f.) werden die „sprechenden Köpfe“ (talking heads) dem Medium Fernsehen meist weniger gerecht als in Bilder umgesetzte Informationen. Abgesehen von dieser Ansicht bilden Redeausschnitte einen festen Bestandteil der nachrichtlichen Filmberichte. Sie sollten kurz und leicht verständlich sein, und wenn möglich sollte der Bildhintergrund eine ergänzende und optisch- reizvolle Bildinformation liefern (Sturm:1998:118). Das Statement sollte nach Ansicht von Buchwald (1993:276) als Richtwert nicht länger als 20 Sekunden währen. Für das Statement gilt: Es soll die zentralen Aussagen enthalten. Zu diesem Zweck schneiden die Journalisten aus der Rede des „Statement- Gebers“ wichtige Sätze heraus und fügen sie unter Zuhilfenahme von Zwischenschnitten zusammen. Als weiteren technischen Standard fordert Schult (1993:134) für einen Beitrag, der Redeausschnitte enthält, dass Filmtext und Originaltöne (O-Töne) sich nicht überlappen, sondern nahtlos aneinander anschließen. Weiterhin empfiehlt Schult (1993:134) als Maßstab für Redeausschnitte die Namensnennung des Statement- Gebers. Nach Ansicht Schults hängt es von dem Bekanntheitsgrad des Interviewten und der Länge des Statements ab, ob und wie häufig der Name des Statement- Gebers eingeblendet wird. Bei bekannten Größen (wie beispielsweise dem Bundeskanzler) geht Schult davon aus, dass es besser ist, Namen und Funktion nicht zu nennen, da sich sonst der Zuschauer unter Umständen unterschätzt fühlt.   

Fazit für die Bewertung des Zusammenspiels von Filmtext/ O-Töne & Bild/ Grafik bei Redeausschnitten

Die technisch- handwerklich korrekte Integration von Redeausschnitten in einen Filmbeitrag stellt wohl eine Qualität dar, wird aber nicht in den Codierbogen aufgenommen. Grund hierfür ist wiederum der allgemein gute Standard der nachrichtlichen Filmberichte deutscher Nachrichtenanbieter. So weist keiner der analysierten Filmberichte fehlerhafte Übergänge im Hinblick auf die Redeausschnitte auf. Filmtext- und „O- Ton“ folgen aufeinander, ohne störende Pausen oder „Überlappungen“.

 

Zur von Buchwald empfohlenen Richtzeit von 20 Sekunden läßt sich anhand der Argumentationsbeispiele folgendes sagen: In vier Beiträgen wird die Richtzeit von 20 Sekunden bei den Redeausschnitten nicht überschritten. Einzige Ausnahme unter den fünf „Beiträgen zur Argumentation“ bildet der ARD- Beitrag mit seinem Redeausschnitt von Politikerin Angela Merkel. Dieser reicht mit seinen 23 Sekunden knapp über die 20- Sekunden– Marke (Abschnitt 6.2). Jedoch scheint diese Überschreitung der Redezeit ein einmaliger „Ausrutscher“ zu sein, da die Redeausschnitte der anderen Beiträge im Hinblick auf die Statementlänge den Richtwert von 20 Sekunden einhalten bzw. diesen zum Teil deutlich unterschreiten. Darüber hinaus erscheint die Qualitätsbewertung der Länge eines Statements hinsichtlich der Bewertung der Verständlichkeit als zu unbedeutend, um den potenziellen Indikator „alle Redeausschnitte (Statements) bleiben unter 21 Sekunden“ in den zu bildenden Codierbogen aufzunehmen.

 

Bedeutsam für die Verständlichkeit eines nachrichtlichen Filmberichtes ist  dagegen der Umstand, dass der Fernsehzuschauer, wenn er eine interviewte Person hört und sieht, genau weiß, um welche Person es sich handelt. Wichtig ist daher die Nennung von Namen bei der Verwendung von Redeausschnitten. Diese geschieht bei den beobachteten abendlichen Hauptausgaben der Nachrichten durch Schrifteinblendungen, sogenannte Inserts. Die Inserts nachrichtlicher Filmberichte nennen bei allen Sendern (ARD; ZDF, PRO 7, RTL und SAT 1) neben dem Namen auch die Funktion des Statementgebers. Laut Kerstan (1993:35) benötigt der Zuschauer bis zur vollständigen Wahrnehmung eines Bildinhaltes 6 Sekunden. Erst ab einer Einstellungslänge von 4 Sekunden ist es Kerstan zufolge dem Betrachter möglich, die Gesichtszüge einer in Naheinstellung gefilmten Person wahrzunehmen. (Bei einer dreisekündigen Einstellungsdauer erkennt der Betrachter das Gesicht einer Person nur schemenhaft.

 

Ausgehend von Kerstans Ausführung stellten sich folgende Fragen: Wie lange benötigt ein Zuschauer mindestens, um den im Insert eingeblendeten Namen und die Funktion des Statementgebers zu lesen? Wie lange bleiben die Inserts bei den abendlichen Hauptnachrichten von ARD, ZDF, Pro 7, RTL, und SAT 1 eingeblendet?


Mittels einer Art Selbstversuch testete die Autorin die Zeit, die sie zum Ablesen von Name und Funktion der interviewten Person brauchte. Bei aufmerksamen Hinschauen betrug die Zeit vier Sekunden – diese Zeit entspricht dem von Kerstan veranschlagten Einstellungslänge, die der Betrachter benötigt, um zu einer differenzierteren Wahrnehmung der Gesichtszüge einer Person zu gelangen. Die Einstellungsdauer von vier Sekunden entspricht darüber hinaus bei den abendlichen Hauptnachrichten von ARD; ZDF, PRO 7, RTL und SAT 1 der durchschnittlichen Einblendungslänge der Inserts.

 

Aus diesen Resultaten zieht die Autorin folgendes Fazit: Die viersekündige Bildschirmpräsenz von Inserts stellt eine Mindestanforderung für die Verständlichkeit des Filmberichtes dar. Somit wird folgender Indikator für die Einblendungsdauer der Inserts aufgestellt: „Alle Insert eines Filmberichtes bleiben länger als 4 Sekunden sichtbar“

Zusammenspiel von Filmtext- O-Töne & Bild/ Grafik: Indikator(en)  

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Alle Inserts des Filmberichtes bleiben länger als 4 Sekunden sichtbar

   

6 Oben wurde erwähnt, dass die Beitragsautorin Spiekermann in der vierten Einstellung mit ihrem Text vom Bild abweicht. So zeigt das Bild einen geknickten, ausgebrannten Waggon. Der Text lautet:„Vermisst werden auch mehrere Schulkinder, die auf dem Rückweg von einem Ausflug waren.“ Streng genommen herrscht zwischen dem Text und dem Bild eine „Bild- Text- Schere“, denn der Text sagt nicht aus, dass die Kinder in dem geknickten, ausgebrannten Waggon saßen, der in der Einstellung (Halbnah) gezeigt wird. Hätte der Text besagt, dass die Schulkinder möglicherweise auch in „diesem Waggon“ saßen, der nun geknickt und ausgebrannt von der Kamera abgefilmt wurde, wäre ein eindeutiger Text- Bild- Bezug gegeben. Wenn diese Stelle auch keinen eindeutigen Bezug von Text und Bild aufweist, so herrscht doch ein mittelbarer Bezug zwischen diesen. Der Zuschauer wird sich denken können, dass sich die vermissten Schulkinder, von denen der Filmtext handelt, möglicherweise auch in dem gefilmten ausgebrannten Waggon saßen. Solch einen „mittelbaren“ Bildbezug bezeichne ich als Bild- Text – Differenz. Eine Bild- Text- Differenz ist folglich gekennzeichnet durch einen fehlenden eindeutigen Bildbezug, wobei der Zuschauer aber noch einen mittelbaren Zusammenhang zwischen Text und Bild ausmachen kann. Die Unterscheidung zwischen Bild- Text- Scheren und Bild- Text Differenzen wird bei meiner Qualitätsevaluierung nochmals in Abschnitt 4.4.3.3 aufgegriffen.  

   

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4.4.4   Diskussion der Unterdimension Ästhetik