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der Magisterarbeit

 

 

 

 

1.1.2 

Ziele der Arbeit

Beweis der Hypothese, dass sich mit Ragers vierdimensionalem Qualitätsmodell auch nachrichtliche Filmberichte bewerten lassen

Entwicklung eines Codierbogens, mit dem exemplarisch die qualitative Bewertung von sieben nachrichtlichen Filmberichten demonstriert werden soll

 

Noch zu Beginn der neunziger Jahre gingen Medienwissenschaftler von der Nichtbewertbarkeit journalistischer Qualität im Bereich der Printprodukte aus. Günther Rager trug unter anderem dazu bei, diese Einschätzung zu überwinden. Er entwickelte für den Zeitungsjournalismus ein Modell, dass es möglich macht, die Qualität von Zeitungsartikeln in den Dimensionen Aktualität, Richtigkeit, Relevanz und Vermittlung zu bewerten. [Ragers Modell wird ausführlich in Abschnitt 2.3.2.1 (Stand der Qualitätsforschung im Printjournalismus), in Abschnitt 2.3.2.2 (Stand der Qualitätsforschung im Fernsehjournalismus) sowie im gesamten Kapitel 4 präsentiert und diskutiert.]

 

Bei Ragers Modell zur Qualitätsbewertung handelt es sich um ein sogenanntes Skalierungsverfahren (mehr dazu in Kapitel 4), eine spezielle Form der Inhaltsanalyse, welche in der sozialen Empirie eine gebräuchliche Forschungsmethode darstellt. Eine Inhaltsanalyse untersucht Produkte menschlicher Tätigkeit (Atteslander:1995:72), beispielsweise einen Text, einen Film, Videos, Bilder oder aber auch Kleidung gemäß einer festgelegten Fragestellung. Sie steht am Anfang des Forschungsablaufes.

 

Durch mein Zweitstudium am Dortmunder Institut für Journalistik erfuhr ich von Ragers vierdimensionalem Modell und war fasziniert von der Idee, die Qualität eines beliebigen Zeitungsartikels, die ja im höchsten Maß ein subjektives Kriterium zu sein scheint, mittels der Empirie zu „objektivieren“, indem man die Qualität des besagten Artikels nach bestimmten, vorher festgelegten Qualitätskriterien analysiert. Während des Grundstudiums verfasste ich im Wintersemester 97/98 daher unter anderem eine Hausarbeit, in der ich mich erstmals ausführlicher mit der Bedeutung der Ragerschen Dimensionen „Relevanz“ und „Vermittlung“ für einen unterhaltungsorientierten Zeitungsjournalismus befasste.

 

Während dieser Zeit keimte in mir die Idee auf, dass Ragers Modell auch für die Bewertung von Filmen taugt, vorausgesetzt, man fände eine Möglichkeit, den komplexen Vermittlungsprozess für eine Inhaltsanalyse so zu untergliedern, dass auch die Qualität der Vermittlung bewertbar würde. Die eben erwähnte Hausarbeit hatte für mich noch einen weiteren Effekt. Durch die Beschäftigung mit der Unterhaltung gelangte ich zur Überzeugung, dass diese eine spezifische Qualität für den Fernsehzuschauer bzw. für den Leser enthält und ebenso bewertet werden kann – und zwar innerhalb der Ragerschen Dimension Relevanz. So wird in dieser Arbeit auch die Unterhaltsamkeit eines nachrichtlichen Filmberichtes innerhalb der Dimension Relevanz bewertet werden, wenn auch nur im begrenzten Maß.

 

 

Das Hauptziel dieser Arbeit ist jedoch, meine Hypothese, dass sich mit Ragers vierdimensionalem Qualitätsmodell auch nachrichtliche Filmberichte bewerten lassen, zu verifizieren oder zu falsifizieren.

 

Zu diesem Zweck erfolgt in Kapitel 2 eine grundlegende Gegenüberstellung der Wirkungen und typischen Eigenschaften von elektronischen Medien bzw. dem Fernsehen und den Printmedien. Zudem werden die Qualitätsvorstellungen und Arbeitsroutinen beider Medienmetiers miteinander verglichen. Sollten sich hierbei bezüglich der beiden Medienformen große Ähnlichkeiten feststellen lassen, gilt die Hypothese von der Anwendbarkeit des Ragerschen Modells für die Qualitätsbewertung von nachrichtlichen Filmberichten als bestätigt.

 

Eine weitere Prüfung, ob sich das printbezogene Modell Ragers nun tatsächlich auch für die Qualitätsbewertung von Fernsehberichten einsetzen lässt, ergibt sich durch die ausführliche Diskussion der einzelnen Qualitätskriterien innerhalb der Dimensionen Aktualität, Richtigkeit, Relevanz und Vermittlung. Diese Diskussion erfolgt in Kapitel 4. Aufgrund des fernsehwissenschaftlichen Anspruchs dieser Arbeit fließen dabei immer wieder Standpunkte und Überlegungen von Medientheoretikern ein. Die Diskussion im vierten Kapitel dient unter anderem dazu, ein inhaltsanalytisches Instrument, in diesem Fall den Codierbogen, zu entwickeln, mit dem in Kapitel 5 exemplarisch die Qualität nachrichtlicher Filmberichte gemessen werden soll. Ähnlich verfuhr zum Beispiel bereits der Qualitätsforscher Fischer (1995), der auf Grundlage der Ragerschen Dimensionen die Qualität von Zeitungsartikeln bewertete. Der von mir zu entwickelnde Codierbogen entspricht dem Resultat der Qualitätsdiskussion des vierten Kapitels und steht daher am Ende von Kapitel 4 unter Abschnitt 4.4.6. Dieser Codierbogen soll entsprechend der Forderung der empirischen Sozialwissenschaft nach Verlässlichkeit (Reliabilität) so entwickelt sein, dass er bei Wiederholung einer Analyse identische Ergebnisse misst (Atteslander:1995:255). Die Ergebnisse sollen intersubjektiv nachprüfbar sein. Zudem sollen mittels des Codierbogens auch valide Ergebnisse erzielt werden; das heisst, das Meßinstrument „Codierbogen“ soll derartig entwickelt sein, dass es auch tatsächlich die Qualität eines Filmes misst. Diesem Anspruch nach Reliabilität und Validität versuche ich dadurch gerecht zu werden, dass die von mir als Qualitätsmerkmal definierten Kriterien aus der bereits erwähnten Diskussion in Kapitel 4 abgeleitet werden.

 

Die Merkmalsausprägungen für Qualität sind folglich nicht willkürlich festgelegt, sondern entspringen theoretischen Forderungen. In einer Art „Pretest“ wird in Kapitel 5 die Tauglichkeit des Codierbogens anhand der Analyse von zwei Filmberichten überprüft. Da ich mein Vorgehen bei der Qualitätsbewertung des ersten Filmberichtes unter Abschnitt 5.1 ausführlich dokumentiere, sollte der Messvorgang für den Leser transparent werden. Dieses Vorgehen dient wiederum der Erhöhung der Validität, wie sie von den Empirikern gefordert wird (Atteslander:1995:255). Im Anschluss daran werde ich mittels des Codierbogens die Qualität von fünf nachrichtlichen Filmberichten gleichen Themas miteinander vergleichen.

 

   

Entgegen anderer empirischer Studien belasse ich es bei diesem exemplarischen Vergleich aus mehreren Gründen. Zum einen besteht das Ziel dieser Arbeit lediglich in dem Beweis der Hypothese, dass es im Rahmen des Ragerschen Modells für Filmberichte spezifische Qualitätskriterien gibt, die sich zudem messen lassen. Ferner spricht auch der fachübergreifende Hintergrund dieser Arbeit, in der film- und fernsehwissenschaftliche sowie journalistische bzw. publizistische Ansätze zusammenwirken gegen eine groß angelegte Studie. Das fachübergreifende Vorgehen enthält dabei sowohl Nach- als auch Vorteile. Der Nachteil besteht zum einen in dem größeren Umfang, durch den sich der Leser dieser Arbeit „zu kämpfen“ hat. Da ich bestimmte Fachbegriffe und Verfahren nicht als bekannt voraussetzen kann, habe ich sie erklärt – auch auf die Gefahr hin, dass dadurch die Arbeit an Umfang zunimmt. Zudem kann ich nach der Entwicklung des Codierbogens aus arbeitsökonomischen Gründen keine im empirischen Sinne „aussagekräftige“ Studie durchführen, für die zirka 100 Filmberichte notwendig wären.

 

Nun zu den Vorteilen des fachübergreifenden Ansatzes dieser Arbeit: Die Kombination der film- und fernsehwissenschaftlichen Perspektive mit einer journalistisch geprägten Sichtweise bewahrt meines Erachtens vor fachspezifischem „Scheuklappen- Denken“. Dies sollte der Qualität des zu entwickelnden Codierbogens zugute kommen.

 

Sollte sich die Qualitätsmessung anhand des von mir zu entwickelnden Codierbogens als praktikabel erweisen, sehe ich in dieser Arbeit einen Ausgangspunkt für weitere qualitätsbezogene Forschungen im Film- und Fernsehbereich.

 

 

 

 

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