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der Magisterarbeit

 

2.    

  ZU DEN METHODISCHEN GRUNDLAGEN DIESER ARBEIT

2.1   

DIE QUANTITATIVE INHALTSANALYSE ALS METHODISCHE GRUNDLAGE

2.1.1   

Grundlegende Erläuterung der Inhaltsanalyse

Für Leser, denen inhaltsanalytische Begriffe fremd sind, werden hier die Grundzüge der quantitativen Inhaltsanalyse skizziert

2.1.2

Zum Methodenstreit zwischen den Vertretern der Cultural Studies und der empirischen Forschung

2.1.3  

Fazit der Diskussion für die hier angewandte empirische Forschungsmethode

   

 

 

Wie bereits erwähnt, greift diese Arbeit auf das inhaltsanalytische Verfahren zur Qualitätsmessung zurück. Für das Verständnis der folgenden Abschnitte scheint es notwendig, die wesentlichen Begriffe im Zusammenhang mit den in der Empirie üblichen inhaltsanalytischen Verfahren zu erläutern, da diese nicht als bekannt vorausgesetzt werden können. In Abschnitt 1.1.2 wurde bereits darauf hingewiesen, dass inhaltsanalytische Verfahren meistens durch eine systematische und in der Regel quantifizierende Vorgehensweise gekennzeichnet sind. Ziel dieser quantitativ orientierten Inhaltsanalysen ist damit die „objektive“, Beschreibung textimmanenter Merkmale. Neben den quantitativ orientierten inhaltsanalytischen Verfahren gibt es noch die qualitativen inhaltsanalytischen Verfahren, die teilweise oder ganz auf die Quantifizierung verzichten.

 

Da diese Arbeit sich an der Verfahrensweise der quantitativen Inhaltsanalyse orientiert, sollen an dieser Stelle die Grundzüge der quantitativen Inhaltsanalyse erklärt werden – und zwar mittels eines grob skizzierten Beispiels. [Vergleiche die verschiedenen Arten der Inhaltsanalyse bei: (Atteslander:1995:225 – 255).]

 

Eine inhaltsanalytische Studie zu Beginn der neunziger Jahre hätte etwa untersuchen können, ob die seit 1985 zugelassenen privaten Anbieter die Vielfalt der deutschen Fernsehprogramme steigerten. Daraus folgt: Die Inhaltsanalyse beginnt mit einer Fragestellung oder einer Hypothese, welche den ersten Schritt im Forschungsablauf darstellt. Die Fragestellung könnte lauten: Ist das Programm seit Einführung der Privaten vielfältiger geworden?

 

Nach dieser Fragestellung folgt der zweite Schritt, die Bestimmung des Analysematerials. Ein Forscher könnte im Fall unserer Inhaltsanalyse sich dafür entscheiden, per Zufallsauswahl jeweils vier Wochen der Jahre 1985 und 1986 zu analysieren. Das Analysematerial sollte, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, von allen Programmanbietern stammen.

 

Der dritte Schritt der Inhaltsanalyse, der nun folgt, ist der aufwändigste: Der Fragestellung gemäß gilt es, Untersuchungseinheiten (Kategorien) zu bilden, nach denen ein Text untersucht werden kann. Dazu ist eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Vielfalt“ notwendig, denn nur so kann sichergestellt werden, dass der Forscher alle Aspekte der Vielfalt erfasst. Ein Forscher könnte nun ausgehend von seiner theoretischen Auseinandersetzung mit dem Begriff der Programmvielfalt die Programmsparten „Unterhaltung“, Bildung und Politik als Untersuchungseinheiten (Kategorien) auswählen. 

 

 Die quantitative Inhaltsanalyse als methodische Grundlage

 

Wichtig ist nach Atteslander (1995:250) bei der Bildung der Kategorien Folgendes: Kategorien sollen theoretisch abgeleitet, eindeutig definiert, vollständig, wechselseitig exklusiv und voneinander unabhängig sein. Ferner sollen sie einem einheitlichen Klassifikationsprinzip genügen, was im Falle der Kategorien „Spielfilme“, Bildung und Politik nicht der Fall wäre. Um die Programmvielfalt genauer untersuchen zu können, könnte der Forscher noch weitere Unterkategorien bilden. Mögliche Unterkategorien der Unterhaltung wären zum Beispiel Talkshows, Spielfilme oder Musiksendungen.

 

Der vierte Schritt ist die Vercodung. Hier wird das aufgezeichnete Material gemäß der gebildeten Kategorien (und Unterkategorien) analysiert und „ausgezählt“. Im unserem Fall hatte der Forscher die Kategorien „Bildung“, „Unterhaltung“ und „Politik“ gewählt. Um das Material auszählen zu können, müsste der Forscher nun das gesamte Material sichten und den einzelnen Kategorien zuordnen. Im Falle, dass er eine Sendung sieht, die er der Kategorie „Bildung“ zuordnen kann, notiert er dies auf einem Codierbogen. Solch ein Codierbogen müßte im Fall unseres Forschers jeweils für das Jahr 1985 und 1986 die Kategorien „Unterhaltung“, „Bildung“ und „Politik“ aufweisen. Nachdem der Forscher das gesamte Analysematerial gesichtet und die einzelnen Sendungen den drei Kategorien zugeordnet hat, kann er mit dem Auszählen beginnen. Er wird dann sagen können, wieviel Bildungssendungen, wieviel Unterhaltungssendungen und wieviel Informationssendungen es im Jahr 1985 und im Jahr 1986 gegeben hat. Möglicherweise stellt der Forscher unseres fiktiven Beispiels fest, dass 1985 der Anteil von Politik- , Unterhaltungs- und Bildungssendungen bei jeweils 33 Prozent lag. Sollte sich im Jahr 1986 zeigen, dass das Programm zu 50 Prozent aus Unterhaltungssendungen, und zu jeweils 25 Prozent aus Politik- bzw. Bildungssendungen besteht, deutete dieses „quantitative“ Ergebnis auf einen Rückgang der Vielfalt. Dieses Resultat erfüllt aufgrund seines quantitativen Ansatzes die empirische Forderung nach „Exaktheit“ und scheint , da es auf Zahlenmaterial beruht, objektiver zu sein als beispielsweise eine interpretative Beurteilung der Vielfalt.

 

Mit diesem Beispiel sollten die Grundzüge einer Inhaltsanalyse deutlich geworden sein. Ab dem Abschnitt 2.3 wird der Stand der Qualitätsforschung im Print- und Fernsehjournalismus vergleichend untersucht. Hierbei wird sowohl von Kategorien als auch von Dimensionen gesprochen, wobei eine „Dimension“ meines Erachtens große Ähnlichkeit mit einer „Kategorie“ aufweist. Der Begriff „Dimension“ wird im Zusammenhang mit dem „Skalierungsverfahren“ verwendet, welches zu Beginn von Kapitel 4 ausführlich erläutert wird.

 

 

 

  

 

 Die quantitative Inhaltsanalyse als methodische Grundlage

  

 

2.1.2

Zum Methodenstreit zwischen den Vertretern der Cultural Studies und der empirischen Forschung

Der Methodenstreit deckt die Schwächen der empirischen Forschung  und des hier angewandten inhaltsanalytischen Verfahrens auf.

              

 

 

Denis McQuail (1992:12fff.) präsentiert zu Beginn seines Buches die verschiedenen Forschungstraditionen, welche die „Media Performance“ analysieren. Einen Beitrag zur Analyse der „Media Performance“ lieferten laut McQail auch die Cultural Studies.

 

Aufgrund des film- und fernsehwissenschaftlichen Hintergrundes dieser Arbeit soll daher kurz auch auf die Leistungen der Cultural Studies aus der Sicht Mc Quails eingegangen werden. McQuail (1992:17) definiert den Begriff „Media Performance“ als „mass media provision according to alternative public interest criteria“, der durch „objektive“ und systematische Methoden analysiert werden soll. Damit entspricht der Begriff der „performance“ dem einer Leistung, bzw. einer Qualität. Es zeigt sich jedoch, dass McQuail den Begriff der „Leistung/ Qualität“ bezüglich der Cultural Studies sehr weit fasst, denn er bescheinigt ihnen, sie seien umfassend mit der Analyse der „performance“ beschäftigt (McQuail:1992:13). Dabei sei ihr Zugang zum Fernsehen eher qualitativer denn quantitativer Natur. Ferner vertritt McQuail (1992:14) die Ansicht, dass die Cultural Studies Forscher ihren Forschungsschwerpunkt eher in der Analyse der „audience performance“ denn in der „producer performance“ sehen. Ferner seien die Cultural Studies nicht so sehr mit Themen von öffentlichem bzw. staatlichen Interesse beschäftigt. Angesichts der von McQail (1992:13) genannten Cultural Studies Forscher, darunter Fiske, Hall, Ang und Hartley, wird deutlich, dass diese keinen Beitrag im Sinne einer „Qualitätsmessung“ von Fernsehprodukten geleistet haben. Jedoch haben insbesondere Fiske (1987) und Hartley (1982) wesentliche Beiträge zum Verständnis der Nachrichten und des Fernsehens geliefert. Auch wenn diese Arbeiten nicht empirisch orientiert sind, sollen sie, und hier zeigt sich der fachübergreifende Ansatz, bei der Auffindung der Qualitätskriterien für nachrichtliche Filmberichte berücksichtigt werden.

 

Der fachübergreifende Blick auf die Cultural Studies und den schwelenden Methodenstreit zwischen den „objektiv“ orientierten empirischen Forschern (Atteslander:1995:15) und den vorzugsweise interpretativ arbeitenden Cultural Studies Forschern (Winter:1997:4f.), enthält einen weiteren Vorteil. Er schärft das Verständnis für die potenziellen Schwächen des hier angewandten inhaltsanalytischen Verfahrens. Daher sollen die Forschungsschwerpunkte der Cultural Studies sowie der Methodenstreit im Folgenden skizziert werden.

 

Die eher interpretative Arbeitsweise der Cultural Studies hängt zusammen mit ihren Anfängen. Ausgehend vom Bestreben, der britischen Arbeiterklasse eine Stimme zu verleihen (Jäckel:1997:50f.), richtet sich das Hauptaugenmerk der Cultural Studies (CS) auf die Dominanz bestimmter kultureller Formen sowie deren Auswirkung auf die Gesellschaft [vergleiche: (Jäckel:1997:51), (McQuail:1992:13), (Winter:1997:4/5).]

 

Die quantitative Inhaltsanalyse als methodische Grundlage

 

 

Dabei begreifen sich die Cultural Studies als Alternative zur traditionellen Kommunikationsforschung, befürworten eine offene Forschungsmethode und versuchen die Zuschaueraktivitäten möglichst nicht isoliert von den kulturellen und gesellschaftlichen Praktiken zu untersuchen. Im Gegensatz zur um „Objektivität“ bemühten empirischen Tradition heben die Cultural Studies die Subjektivität der Objekte hervor, denen der Forscher gegenübersteht. Diese Zielsetzung steht damit freilich im starken Kontrast zu den Zielen der empirischen Forschung.

 

So läuft der Methodenstreit zwischen empirisch denkenden Kommunikationswissenschaftlern und den Cultural Studies Forschern letztendlich darauf hinaus, dass empirisch denkende Kommunikationswissenschaftler den Cultural Studies Forschern mangelnde Wissenschaftlichkeit vorwerfen (Winter:1997:5). Außerdem bemängeln sie die mangelnde Effizienz der Cultural Studies bei der Entwicklung wirklich neuer Theorien zur Rezeption und zur Medienwirkung (Jäckel:1997:63/64).

 

Umgekehrt werfen die Vertreter der Cultural Studies den empirischen Forschern vor, sie würden den sich abzeichnenden Veränderungen in der Massenkommunikation nicht gerecht, und selbst innerhalb der Kommunikationswissenschaft ist bekannt, dass bei inhaltsanalytischen Verfahren, auf das Kapitel 4 zurückgreift, die Wirklichkeit nur noch als „Fossil“ vorhanden ist. [Vergleiche hierzu: (Merten:1998:87)und (Jäckel:1997:62)] Diesen Vorwurf gilt es ernst zu nehmen und nach Möglichkeiten zu suchen, diese „Schwäche“ der inhaltsanalytischen Methodik zu verringern.

 

Dabei ist es nicht möglich, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Im Falle, dass man ergebnisorientiert forschen will, und dies ist auch das Anliegen dieser Arbeit, bedarf es eines vorher fest abgesteckten Untersuchungsziels. Solch fest abgesteckte Untersuchungsziele gibt es nicht nur in der sozialen Empirie, sondern auch innerhalb der strukturalistischen Forschungsrichtungen der Cultural Studies (Jacobs:1996:375), die durch die Untersuchung auf die „textimmanenten“ Bedeutungszuweisungen einen wesentlichen Forschungsbeitrag leisteten (vergleiche zum Beispiel (Hartley:1982). Das scheint jedoch dem Cultural Studies- Forscher Jacobs nicht zu genügen. Er kritisiert die strukturalistisch arbeitenden Wissenschaftler, da seiner Ansicht nach die Untersuchungen dieser Forscher abseits der Routinen des alltäglichen Lebens geschahen und dabei die öffentlichen wie die häuslichen Diskussionen außer Acht ließen.

 

 

Die quantitative Inhaltsanalyse als methodische Grundlage

 

 

  

2.1.3  

Fazit der Diskussion für die hier angewandte empirische Forschungsmethode

Bei der Entwicklung des Codierbogens werden unter anderem die Ergebnisse der Cultural Studies Forschungen berücksichtigt

 

            

 

Wegen des Rückgriffs auf die inhaltsanalytische Verfahrensweise könnte am Ende dieser Arbeit der Vorwurf aufkommen, dass auch das hier erzielte Forschungsergebnis die Realität der nachrichtlichen Fernsehberichterstattung und der Rezeption durch den Zuschauer nur als „Fossil“ enthält. Dieses Risiko gilt es zu akzeptieren, da die empirische Forschung bisher den größten Beitrag zur Messung journalistischer Qualität geleistet hat. [Dies wird in Abschnitt 2.3 deutlich.] Dabei wird versucht, die Gefahr der Wirklichkeits- und Rezipientenferne“ zu reduzieren, indem unter anderem auch die Ergebnisse einiger „qualitativ-interpretativ“ arbeitender Cultural Studies- Forscher berücksichtigt werden.

 

Der fachübergreifende Ansatz dieser Arbeit zeigt sich auch dadurch, dass in die theoretische Diskussion die Ergebnisse mehrerer Rezipientenstudien einfließen, sowie die Ergebnisse medienpsychologischer Forschungen. Diese Verfahrensweise ist jenen Wissenschaftlern innerhalb der Cultural Studies und der empirischen Sozialforschung angenähert, die zur Überwindung des Methodenstreits aufrufen und für die Kombination von qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden eintreten.[1] Im Bereich der empirischen Sozialforschung sind dies zum Beispiel Breunig (3/1999:107) und Atteslander (1995:397). Gleiches gilt für den Cultural Studies- Wissenschaftler Jacobs (1996:374). Dabei ist bezüglich dieser Arbeit auf den „Näherungscharakter“ zu verweisen, denn abgesehen davon, dass bei der Evaluierung von Qualitätskriterien qualitative Studien berücksichtigt werden, verfolgt diese Arbeit aufgrund ihrer Zielsetzung eine systematisierende und quantifizierende Arbeitsmethode.

 

 

  

 

 

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